Ausstellung – BuKo12 http://www.buko12.de Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010 - 2012 Sat, 28 Jan 2017 17:47:28 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.1 Tagungsbericht BuKo12 Part04 http://www.buko12.de/2012/02/07/tagungsbericht-buko12-part04/ http://www.buko12.de/2012/02/07/tagungsbericht-buko12-part04/#comments Tue, 07 Feb 2012 15:36:55 +0000 http://www.buko12.de/?p=1680 Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010-12, Part04 – Hedo-Camp meets global art am ZKM

BuKo12/part04 schlägt die Zelte im ZKM auf

Vom 20. bis 21. Januar 2012 schlugen die Initiatorinnen des BuKo12-Part04 Prof. Dr. Christine Heil (Kunsthochschule Mainz) und Dr. Jutta Zaremba (Universität Flensburg) ihre virtuellen Zelte im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnolgie (ZKM) auf und mit ihnen ca. 50 TeilnehmerInnen, die aus ganz Deutschland angereist waren. Zwei Tage lang wurde gelagert, geschaut, diskutiert, auf unterschiedlichsten Kanälen kommuniziert und damit das ZKM auf vielfältige Weise angeeignet und durchkreuzt. Das freie Campen im fremden Gefilde wurde vom Team der Kunstvermittlung, Janine Burger, Leiterin der Abteilung Medienkommunikation, Carolin Knebel und Banu Beyer, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des ZKM, sowie Philipp Sack, mit großer Gastfreundschaft und allem nur erdenklichen Support unterstützt und begleitet.

Zentrales Forschungsfeld bildete die aktuelle Ausstellung The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989, in der es Werke von über 100 KünstlerInnen aus 5 Kontinenten zu sehen gab, sowie die Kunstvermittlung als integraler Bestandteil des kuratorischen Konzeptes. Damit war kein kleiner Referenzrahmen gesteckt, in dem sich das Beziehungsgeflecht Hedonismus in Medien/Kunst/Pädagogik entwickeln sollte. #Hedonismus als Spannungsbogen zwischen den Polaritäten Freude, Glück, Vergnügen einerseits sowie Unlust, Stress, Leid andererseits wurde bereits im Vorfeld der Tagung im Diskussionsforum mixxt lanciert und hedonistische Aspekte als wesentliche Bestandteile von künstlerischen, kreativen und vermittelnden Prozesse benannt. Und so lief die Begrifflichkeit wie eine Art Hypertext durch die BuKo-Veranstaltung, die in unterschiedlichen Intensitäten und Dimensionen immer wieder mit verhandelt wurde. Spaß und Lust waren damit nicht nur zentrale theoretische Inhalte, über die man sich austauschte. Lustvoll gestaltete sich auch das gewählte Format „BarCamp“: keine Frontalvorträge, keine hierarchische Organisation, keine vorprogrammierten Inhalte, sondern aktive Beteiligung aller Beteiligten, Selbstorganisation, Mitbestimmung und Mitgestaltung und das durchaus nach dem Lust-/Unlustprinzip: Trifft ein Vorschlag auf Zustimmung, wird er verwirklicht, andernfalls nicht.

In der Wahl dieses partizipativen und offenen Formats wurde ein zeitgemäßer Umgang nicht nur für die Wissensproduktion während eines Kongress erprobt, sondern analog auch für eine Kunstvermittlung, die sich von der reinen Kunstwerk-Vermittlung oder der Aneignung überprüfbaren Wissens entfernt und in der Begegnung mit Kunst auf aktive Beteiligung sowie eigene Handlungs- und Erfahrungsräume setzt. Insofern fand das Ausloten des Hedonismus in den künstlerischen Arbeiten wie auch in der Kunstvermittlung im Experimentieren während des Camps seinen Resonanzraum.

Hedo-location

Das ZKM war die kongeniale Location für das Hedo-camp. Seit 1999 befindet es sich im Gebäude der ehemaligen Waffen- und Munitionsfabrik der IWKA (1918 erbaut) und funktioniert als hybrides Konglomerat unterschiedlicher Institutionen, Disziplinen und Funktionen. Es ist Ort der Produktion, Forschung, Aufführung, Vermittlung und Dokumentation für traditionelle Künste und Medientechnologie. Der 312 Meter lange Hallenbau durch 10 Lichthöfe strukturiert, ist Spiegel einer multifunktionalen Raumauffassung, in der Menschen und Daten, Netz und Welt sicht- und fühlbar ineinander verwoben sind. Im Durchschreiten des Gebäudes entsteht der Eindruck, dass hier zumindest der Versuch wirksam ist, verschiedene Funktionen, Bildwelten und Situationen gleichwertig nebeneinander zu stellen. Immer wieder scheinen die Schnittstellen zwischen den Disziplinen und Feldern, zwischen dem Realen und dem Virtuellen auf. Der #critical art walk führt später auch hinter die Kulissen und ins Innere des riesigen Schiffs und man ahnt während der Führung auf den langen Wegen, dass Kommunikation und Kooperation zwischen #Institutionen und Disziplinen nicht immer reibungs- und hierarchielos von statten geht. Resümee: „Architektur kann töten und gebären.“

Hedo-spaces

Im ZKM standen dem camp Räume mit unterschiedlichem Aktionspotenzial und Sichtbarkeiten zur Verfügung: Vortragssaal, zwei Seminarräume, Multifunktionsraum, Studio und Musikbalkon, in denen Inhalte und Informationen erstellt, gesammelt, ausgewählt, verknüpft, wieder aufgenommen und verteilt werden konnten. Nicht zu vergessen: die Kaffeebar, die bis auf wenige Momente vorbildlich bestückt war. Besonders der Musikbalkon und das #Studio wurden zu Pinnwand, Archiv und #mindmap mit Möglichkeiten für Kommentar, Interview, Diskussion, Präsentation und Lager. Die Unterschiedlichkeit machte umso deutlicher, wie Raumsituationen, Atmosphären und Tools Kommunikation und aktive Auseinandersetzung beeinflussen und befördern können.

Hedo-formats

Das Hedo-Camp verzichtete durchgehend auf die gängige Form einer Konferenz, sondern bot – wie beim Unkonferenzformat des BarCamp üblich – unterschiedliche Möglichkeiten der Partizipation: speed-Hedo, Hedo-sessions, Hedo-affects, Hedo-pool usw., mittels derer neue Formen des Austauschs, des Lernens und Vernetzens hin zur Selbststeuerung und konnektivem Wissen angestrebt wurden. Die Idee dabei ist, dass jeder Teil eine eigene experimentelle Situation darstellt, im darauf folgenden Teil werden Inhalte destilliert und feinjustiert. So entscheidet die gemeinschaftliche Diskussion, was verworfen oder übernommen werden soll und in welche Richtungen weitergegangen wird. Durch das Tool #eduPad können parallel stattfindende Sessions untereinander schriftlich kommunizieren.

Hedo-transfer

Partizipative Prozesse ziehen veränderte Kommunikationsbedürfnisse nach sich. Wenn Gedanken und Wissen kollektiv und parallel in verschiedenen Arbeitsgruppen produziert werden, wird eine entsprechende Infrastruktur wichtig, die Transfer und Dokumentation sicherstellt. Die Technikausstattung war daher ausgesprochen vielseitig und reichte von der archaischen Tafel und Papier für mindmaps über Videobox und Beamer bis iPad und eduPad, einem Worddokument, das kollektiv bearbeitet werden kann. Ein Kamerateam begleitete den Verlauf des zwei-tägigen Camps und forderte einzelne TeilnehmerInnen zu individuellen Statements auf. Die Videobox bot ebenfalls die Möglichkeit zu persönlichen Botschaften: Reinsetzen und sagen, was Sache ist! Das war das Anliegen der Initiatorinnen: Jede session soll eine Message transportieren.

speed-Hedo

Anfangskatalysator war das speed-Hedo und die Frage, wie man der über 2000-jährigen philosophischen Figur Hedonismus ohne Vortrag und SpezialistIn Kontur verleiht. Dazu teilten sich die TeilnehmerInnen in Gruppen, um an fünf Stationen in ca. acht Minuten kurze Exzerpte zur historischen und philosophischen Genese des Begriffs zu lesen und zu kommentieren. Jeweils eine TeilnehmerIn wechselte nicht, sondern moderierte die Gruppen, die sich mit folgenden Positionen befassten:

  • Aristippos von Kyrene – Ursprünge des Hedonismus
  • Hedonistische Internationale – http://hedonist-international.org
  • Bernulf Kanitschneider –  Aufgeklärter Hedonismus
  • Jeremy Bentham –  Hedonistisches Kalkül
  • Henry Sidwick –  universeller Hedonismus
  • Slavoj Žižek –  ästhetischer Hedonismus
  • Pier Paolo Pasolini –  Zwangshedonismus

Der schlaglichtartige, etwas einseitig maskulin abendländische Input von der Antike bis zur Gegenwart rief lebhafte Diskussionen, aber auch Bemerkungen zu Lust und Last des „Selbstregierens“ hervor. Denn das inhaltliche Schwergewicht stand in Kontrast zum vorgegebenen Stakkato des Formats. Und auch wenn ExpertInnen unterschiedlicher Felder anwesend waren, die sich aktiv einmischten, konnten die Debatten über kleine Blitzlichter nicht hinausgehen. Dies spiegelte sich auch in den daraus erwachsenden mindmaps. Jede Gruppe hinterließ auf den ausgelegten Papieren Gedanken, Ideen und Kommentare, an denen die jeweils nachfolgende Gruppe weiter schrieb:

mindmaps
Glück = Berechnung des Folgeleids / pessimistischer Spaß, subversiver Spaß / Ästhetik bedingt Hedonismus / Ästhetische Produktion und Rezeption ohne Hedonismus nicht möglich / lächelnde Selbstreflexion – sich nicht so wichtig nehmen / Utilitarismus / Beteiligung als Quelle von Selbstzufriedenheit / Hedonismus des Betrachters/ Selbstermächtigung / intellektueller, sinnlicher, partizipativer Hedonismus / Wie funktioniert der Mensch? Ich im Zentrum des Gemeinwesens / Wie gelange ich zu einem optimierten Zustand? Erstrebenswert / De Sade? / Leidenschaft / Kollektive Wunschproduktion / Selbstregulierung / Maßlos / Sublimation / Das Unbehagen in der Kultur / Solidarische Auffassung

Der Erkenntnisgewinn des speed-Hedo blieb zunächst etwas unbefriedigend, auch weil man sich fragte, wie nun der Bezug zur Ausstellung herzustellen sei. Im Verlauf der Veranstaltung bei den unterschiedlichen Denk- und Aktionsprozessen blitze jedoch mitunter hier und da mal ein Satz etwa žižekscher Provinienz auf, aber auch das Tag „Kekse!“ (kein Spaß mit leerem Magen), ebenfalls ein Eintrag auf einer der mindmaps, fand immer wieder sein Echo während der beiden Camp-Tage.

love/hate-Rundgang

Der zweite Input in der Veranstaltung war die Aufforderung, beim folgenden, individuellen Ausstellungsrundgang zwei Zettel an den Kunstwerken zu platzieren, auf denen jeweils ein Begriff stand: love bzw. hate und dabei ohne Überlegung dem ersten Affekt der Zu- oder Abneigung zu folgen. Ähnlich wie beim mindmap davor erzeugte diese Methode ein unmittelbares Stimmungsbild (hier fand jemand etwas toll, hier nicht), bildete aber auch ein Kommunikationstool, das die eigene Reflektion und Urteilsfindung ankurbelte.

hate türmte sich z.B. vor der Arbeit „Wang Bin Torture in Commercial Quality, High Quality and Museum Quality“ (2010) von Ondreij Brody & Kristofer Pateau. Das Künstlerduo hat von einem anonymen chinesischen Auftragsmaler die Fotografie eines zu Tode gefolterten Anhängers der in China verbotenen Falun-Gong-Religion als Ölgemälde in drei Qualitätsstufen (kommerziell, hohe und museale Qualität) reproduzieren lassen. Im anschließenden Gespräch beim Rundgang zeigte sich, dass das impulsive Ablehnen dieser Arbeit von vielen aus der fast unerträglichen Spannung der thematisierten Kunstmarktmechanismen und dem dokumentierten Einzelschicksal eines zu Tode gefolterten Menschen entstand. Die Verschmelzung von Bildern der Massenmedien und der Kunst bringt offensichtlich die im Zuge der Moderne festgeschriebenen Wertmaßstäbe wie Relevanz, künstlerische Intention, Einzigartigkeit, Schönheit und Autorenschaft zum Kippen. Dies zwingt uns als BetrachterInnen in die uneindeutig-schmerzhafte Position zwischen Genuss an der Malerei und totaler Ablehnung im Umgang mit dem Sujet. Als VermittlerIn ist man außerdem mit der Angst konfrontiert, mit den Emotionen und Reaktionen der BesucherInnen nicht angemessen umgehen zu können.

love hingegen erhielt z.B. Meschac Gaba mit seinen 30 Perücken aus geflochtenem Kunsthaar (Musée de l’art de la Vie Active, 2010/11), die universal verständliche Symboliken von historischen Figuren der globalen Geschichte wie z.B. Martin Luther King, Kwame Nkrumah, Jeanne d’Arc, Fela Kuti, Pierre und Marie Curie oder König Guézo von Dahomey darstellen. Viel love erntete auch Halil Altindere mit einer Fotografie, die ihre traditionell gekleidete Mutter bei der Lektüre eines Buchs über Pop Art zeigt „My Mother likes Pop Art because Pop Art is Colorful (1998)“. Beide Arbeiten, die sich vordergründig farbenfroh, leicht und harmlos präsentieren, beziehen ihren Reiz jedoch aus der durchaus hintergründigen Ironie und Kritik am westlich zentrierten Blick der Moderne mit ihren Stereotypen, Klischees und einseitigen Perspektiven, was den spielerischen Genuss der Arbeiten begründete.

Viele TeilnehmerInnen stimmten zu, dass es nicht einfach war, dem ersten Impuls nachzugeben und man sich durchaus beim Platzieren/Bewerten beobachtet gefühlt hat: „Intuitives Bewerten (Hedonismus des Bewertens) macht Spaß, solange es anonym bleibt!“ Während man dann aber plötzlich love an vielen Stellen hätte fallen lassen mögen, „Ich hätte noch viel mehr Liebe verteilen können“, wollte sich hate kaum platzieren lassen. Offensichtlich wollen wir lieber loben als ablehnen, denn hate scheint um einiges mehr an Reflektion und Rechfertigung zu erfordern. Teilweise waren love und hate aber auch zusammen an einem Kunstwerk zu sehen, so z.B. bei Stephanie Syjuco, die mit ihrem Projekt „The Counterfeit Crochet Project (Critique of a Political Economy) (2008)“ zur Designlabelpiraterie von Luxusprodukten einlädt: Gemeinsam nach Vorlagen von Marken wie Gucci, Louis Vuitton oder Fendi aus Hochglanzmagazinen Handtaschen nachzustricken oder nachzuhäkeln. Resümee: „Lust entsteht in der Reibung – auch Schmerz und Ekel, sind nicht lustfrei. Wenn es nur um Lust geht, dann wird es trivial.“

Kuratorinnen-Gespräch

Mit dem Studio, einem semipermeablen Raum im ersten Stock der Ausstellung „The Global Contemporary“ hat die Kunstvermittlung einen konkreten Ort erhalten, an dem Projekte, Workshops und temporäre Präsentationen umgesetzt werden können, die damit auch für ein Publikum sichtbar wurden, das nicht unmittelbar daran teilgenommen hat. Hier fand auch das Gespräch mit zwei der vier KuratorInnen, Andrea Buddensieg und Antonia Marten, statt, von denen zu erfahren war, dass die Ausstellung aus dem am ZKM angesiedelten Forschungsprogramm „Global Art and the Museum GAM“ hervorging, das sich mit den Veränderungsdynamiken der Globalisierung und ihren Einflüssen auf Kunstproduktion, -rezeption und -verwertung beschäftigt hat. Nach 1989, so die These, sei eine neue Epoche angebrochen, in der die Vorrangstellung der Moderne und die gewohnten Ein- und Ausschlussprinzipien nicht länger funktionierten. Dabei begreifen die Kuratorinnen die Ausstellung – neben Konferenzen, Workshops, residencies und Publikationen – als ein weiteres Format, um die Forschungsansätze und -ergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Um auch in der Präsentationsform dem Globalen und nicht-Linearen zu entsprechen, lehnen sie sich an Bilder von Orten des Transits wie Flughäfen und Baustellen oder auch Messe und Markt an: Weg von der kontemplativen Versunkenheit hin zum beschleunigten Zapping, was angesichts der schier unendlichen Flut an Bildern und Werken die praktikabelste Betrachtungsweise für global art zu sein scheint.

Später lässt sich eine der beiden Kuratorinnen zu der Aussage hinreißen, sie hätte nichts mit Kunstvermittlung zu tun, und verdeutlicht damit einen anderen, nach wie vor wirksamen hegemonialen Diskurs der Moderne, der das Ausstellungsmachen über das Vermitteln stellt. Aus dem Publikum ist leider kein spontanes Zücken einer hate-Karte zu sehen. Erst am nächsten Tag, dann umso intensiver, berichten VertreterInnen des Vermittlungsprogramms über ihre vielfältigen Projekte und deren Wirkungsweisen. Eine  Übersicht über alle Projekte bietet die Homepage.

Hedo-education

Carolin Knebel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Museumskommunikation am ZKM schilderte die Genese der Vermittlung für die Ausstellung „The Global Contemporary“, die von Anfang an in deren Gestaltung eingebunden war. Sie sprach in Vertretung der Kuratorin für Kunstvermittlung beim Projekt „Global Art and the Museum GAM“, Henrike Plegge, die nicht persönlich anwesend sein konnte. Henrike Plegge war seit 2008 im Kuratorium vertreten und konnte so frühzeitig die Perspektive der Kunstvermittlung einbringen sowie im Entstehungsprozess ein Jahr vor Eröffnung der Ausstellung die vermittlerische Arbeit beginnen, was die Fragen anregte: „Braucht Kunstvermittlung Kunst, oder kann man bereits in leeren Räumen arbeiten?“

Die große Vielfalt der Vermittlungsarbeit für „The Global Contemporary“ ist auch dem Umstand zu verdanken, dass für einige Projekte Drittmittel akquiriert werden konnten, was allen Beteiligten einen großen Spielraum eröffnete, eigene und gemeinsame Kommunikations- und Gestaltungsprozesse zu entfalten. Vor dem Hintergrund der Globalisierung thematsiert z.B. Microsglobe, ein 1,5-jähriges Kooperationsprojekt mit der Gutenbergschule Karlsruhe, die Herausforderungen der Kommunikation, die nicht auf einer gemeinsamen Sprache basiert. Die vielfältige Übersetzungsarbeit eröffnete einen gemeinschaftlichen Handlungs- und Reflektionsraum, in dem unterschiedliche Kenntnisse über Lebensweisen und Auswirkungen von Globalisierungsprozessen deutlich und verhandelbar werden.

Hedo-sessions

An beiden Tagen fand ein Block mit jeweils fünf Sessions statt, die Aspekte des Hedonismus sowohl in den künstlerischen Arbeiten der Ausstellung als auch in Kommunikationsformen und Vermittlungsprozessen untersucht haben:

  • Künstlerische Praxis, wie funktioniert der Kunstbetrieb?
  • (lustvolle) Kommunikation in künstlerischen Arbeiten und der Ausstellung
  • künstlerische Arbeiten, die sich mit dem Kunstmarkt und dessen Preise beschäftigen
  • Was hat Hedonismus mit der Ausstellung sowie unserem Arbeits- und Kunstalltag zu tun?“
  • Auf der Suche nach „diversity“
  • Komm unter meine Mütze!
  • Handlungsmacht
  • ästhetisch-dekorativer Hedonismus im Comic
  • Was ist, wenn der Betrachter lacht? – Positionierung – Humor – kollektiver Raum
  • „Nächste Kunst“ – What’s next?

In der Session „Was hat Hedonismus mit der Ausstellung und unserem #Arbeits- und Kunstalltag zu tun?“ wurden unterschiedliche Dimensionen von Spaß debattiert und gefragt: Darf Spaß trivial sein oder muss es ein qualitativ akzeptabler Spaß sein? Darf man es sich gestatten, ein Bild zu sehen, so wie man Lust dazu hat? Wollen Leute im Museum bespaßt werden? Oder erwarten sie, dass Ungewöhnliches passiert, dass experimentelle Handlung ermöglicht werden – nicht nur verbal? Einigkeit bestand darin, dass Kunstvermittlung sowohl Lust wie Unlust/Enttäuschung braucht. Beide sind im Erleben einer Ausstellung – genauso wie in einer Schulstunde – nötig und bedingen einander. Werden Erwartungen gebrochen, können Dinge in anderer Form und anderer Qualität passieren. Aber: Muss ich mich in einer Gruppe rumschleppen lassen, obwohl ich keine Lust habe? Dann gebe ich die Autorität an die Institution, dem Museum oder die Schule ab. Autonomie im Lernen ist nur mit Lust möglich.

„Die Ausstellung lässt das Fremde vermissen. Sie bietet nicht genug Verschiedenheit, nicht genug Rätsel! Wo findet sich das Unästhetische? Zu viele künstlerische Positionen sind bekannt“, so einer der TeilnehmerInnen der Hedo-session #diversity. Zwar versuche sich die Ausstellung von der „Weltkunst“ abzuwenden und anstelle eines kolonialen Blicks auf andere Kulturen einen globalen Blick zu formulieren, aber die Frage bleibe, wie weit tatsächlich global gedacht werden kann. Das wird z.B. an der Arbeit „Dow Song Duang (The Two Planets Series) (2008)” von Araya Rasdjarmrearnsook diskutiert, der in vier kurzen Sequenzen eine Gruppe von thailändischen Dorfbewohnern zeigt, die vor bekannten Werken der europäischen Moderne wie Millet, Van Gogh und Manet sitzen. Sichtlich amüsiert erörtern sie aus ihren Erfahrungen heraus unterschiedliche Aspekte, z.B. dass beim „Frühstück im Freien“ von Monet Bananen gegessen werden oder warum die Frau keine Kleidung trägt. Sichtbar wird, wie kultureller Einfluss, künstlerische Absicht und westlich akademischer Kontext in engem Zusammenhang stehen. Kann man Kunst richtig und falsch rezipieren?

Die Session #Handlungsmacht gruppierte sich um die Fragen: Was lässt sich innerhalb/gegen/mit einer Institution verschieben und verändern? Wie lässt sich eine Vermittlung entwerfen, die alle Beteiligten verändert? Diskutiert wurde entlang eines Begriffs von Vermittlung, die sich von einer pädagogischen Sendung befreit und einen kritischen Anspruch zur Institution, zu Aspekten von Macht und ihrer eigenen Rolle einnimmt: „Wir sind die Institution und wir sind institutionskritisch zugleich.“ Dazu gehört, die Werkzeuge, mit denen man selbst arbeitet, offenzulegen. Es sollte aufgezeigt werden, dass es eine Agenda gibt, die aber auch verändert werden kann. Dies setzt eine Atmosphäre voraus, die das auch zulässt. Wichtig war innerhalb dieser Session außerdem der Aspekt der Macht und die Frage, ob Kunstvermittlung eine neue Form von Nebenmacht etabliert? Jeder Bereich habe unterschiedliche Macht- und Ohnmachtspotenziale: Gehört es zum Machtbegriff, Macht abzugeben? Resümee: „Du bist als Vermittler nicht der Freund, sondern der Fremde, wir lernen durch das, was wir nicht kennen.“

#Nächste Kunst war der Titel einer Session, die Thesen von Dirk Baecker zur „nächsten Gesellschaft“ auf die Kunst und die Kunstvermittlung übertrug und dies an den postironischen Arbeiten von Com&Com exemplifizierte. Beckers These lautet, dass die Buchdruckgesellschaft der Moderne im Begriff ist, von der nächsten – der Computergesellschaft – abgelöst zu werden. Anonyme Kollektivtexte im Internet schaffen den Brockhaus ab. Der Computer, als eine dem Buchdruck vergleichbare Medienrevolution, wird entsprechendes Gedankengut und neue gesellschaftliche Formierungen hervorbringen: das Netzwerk. Im Rückgriff auf Baeckers These wurde diskutiert, ob die Kunst der Moderne, die an Zentralperspektive und Geniestatus gekoppelt ist, im Zeitalter der Digitalisierung anders funktioniert und daher auch anders betrachtet werden muss. Beweglichkeit und Vernetzung der globalisierten Welt verändern Rolle und Funktion von KünstlerInnen vom Einzelproduzent zum Kollektiv, was wiederum Auswirkungen auf die Kunstvermittlung hat, mit Com&Com gesprochen: Es gibt „keinen Platz für starre und eindeutige Identitäten; die Frage nach der Zugehörigkeit wird zu einem Spiel der Formen und Beziehungen, die ständig überschrieben und neu bestimmt werden.“

„Wie lässt sich Humor für eine kunstpädagogische Praxis nutzbringend einsetzen?“, war die Leitfrage der Hedo-session #Was ist, wenn der Betracher lacht? Im Zentrum der Diskussionen stand die Arbeit „Barter (2007)“ von SOSka group. Ein junger Mann baut im Hof eines ukrainischen Bauern eine kleine Galerie mit Drucken berühmter Künstler auf – darunter Stars wie Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Cindy Sherman – und versucht diese gegen verschiedenste Produkte einzutauschen. Während weltweit die Preise für zeitgenössische Kunst explodieren, sind die Arbeiten für die ukrainischen DorfberwohnerInnen so viel Wert wie ein Huhn oder drei Dutzend Eier. Im Rückgriff auf Freuds Text „Der Humor“ von 1927 diskutiert die Gruppe, den Unterschied zwischen Humor und Witz. Humor sei das Erhabenste, was das Individuum leisten könne, er überwältige und stelle damit eine Unterbrechung her, die es anschließend ermögliche, sich mit neuem Ernst weiter auseinanderzusetzen. Durch Humor finde eine Öffnung statt, die aus einem Tunneldenken befreit. Resümee: „Spaß, ohne Humor, ist eben doch verdächtig!“

Hedo-results

Hedonismus/Medien/Kunst/Pädagogik waren die Tags des Hedo-camps am ZKM in Karlsruhe, und die konzentrierte Stimmung in der letzten Runde zeigte: Wir waren zwei Tage lang Teil einer experimentellen Situation, einer Versuchsanordnung, und befinden uns – ganz im Sinne Dirk Baeckers – in der Entwicklung hin zur „nächsten Kommunikation“! Dies beinhaltet sowohl Lob wie Kritik an Format und Inhalt der Veranstaltung.

Die Parallelität der In- und Outputs in den verschiedenen Sessions wurde als durchaus passend für die zeitgenössische Gedanken- und Ideenproduktion bewertet. Trotzdem entstand das Gefühl, dass vielleicht mehr über die Ausstellung und weniger über Hedonismus und dessen Bedeutung für die Kunstvermittlung gesprochen wurde. Deutlich wurde, dass Partizipation der #Übung bedarf: „Wir denken und agieren noch zu sehr von der üblichen Tagung aus, bei der es klar definierte Redner und Zuhörer gibt und schaffen es noch nicht, aktiv in einem neuen Format zu denken, uns mehr auf das einzulassen, was hier und jetzt passiert, ohne uns vorher präpariert zu haben“, so eine der TeilnehmerInnen. Dies zeigte sich auch in der wenig genutzten Medientechnik. Getwittert wurde nicht und im EduPad liest man Einträge nur weniger Sessions. Hier hätte beispielsweise auch ein Echo oder PingPong mit anderen Sessions stattfinden können. Die Vernetzung innerhalb des Hedo-camps fand so eher auf die traditionell-analoge Art im jeweiligen Hedo-pool statt.

Teilweise haben die Sessions von der Anwesenheit einer Personen profitiert, die vorbereitet war. Das offene Zusammenkommen des Camps blieb damit durchaus gewahrt, aber die Intensität der Diskussion steigerte sich durch die Intensität des Inputs, wie es z.B. in der Comic-Session der Fall war. Deutlich wurde, dass die Generierung und Entwicklung von Themen, Abfolgen und Spannungsbögen noch mehr Zeit und Aufmerksamkeit benötigen. „Es hat gefehlt, noch mehr gemeinsam Fragen zu finden und zu entwickeln, so hätte man gemeinsam präziser werden können“, konstatierte eine Teilnehmerin. Sie plädierte dafür bei den Session-Findungsprozessen eher danach vorzugehen: „Welche Leute haben die gleichen Fragen?“, als „Wer macht einen Workshop zu welchem Thema?“.

Gedanken und Wissen kollektiv und partzipativ zu produzieren, ermöglicht veränderte Rezeptions- und Kommunikationsbedürfnisse, die sich für eine zeitgenössische Kunstvermittlung produktiv machen lassen. Wie nun konkret eine Vermittlungsarbeit zu entwerfen wäre, die gleichzeitig hedonistische Züge trägt und einer neuen global Art entspricht, ist nicht abschließend formuliert worden. Dies ist aber auch nicht nötg. Dass Hedonismus ein für die Kunstvermittlung vielschichtiger schöpferischer Prozess ist, der Bildung von Differenzen und Vielstimmigkeiten ermöglicht, haben die TeilnehmerInnen am eigenen Körper erfahren. Daran liegt der eigentliche Erkenntnisgewinn und die beste Voraussetzung für die Umsetzung von Wissen in reflektertes Handeln. In diesem Sinne auf zur „nächsten Kunstvermittlung“ und zum nächsten Part des BuKo12.

Autorin: Carina Herring


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Kuratorinnen-Gespräch auf dem Hedo-Camp Part04 http://www.buko12.de/2012/01/17/kuratorinnen-gesprach-auf-dem-hedo-camp-part04/ http://www.buko12.de/2012/01/17/kuratorinnen-gesprach-auf-dem-hedo-camp-part04/#respond Tue, 17 Jan 2012 13:32:15 +0000 http://www.buko12.de/?p=1629 Im Rahmen der Veranstaltung Hedo-Camp meets Global Art im ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe findet am Freitag, den 20.01.12, von 17–18 Uhr im Studio in der Ausstellung The Global Contemporary – Kunstwelten nach 1989 ein Kuratorinnen-Gespräch mit Andrea Buddensieg und Antonia Marten statt. Wir sind daran interessiert, durch das Gespräch neue Perspektiven auf die Ausstellung, das Thema der Zeitgenossenschaft, des „Globalen“ (Gibt es das?) und der kuratorischen Prozesse beim Übergang von dem Forschungsprojekt Global Art and the Museum zur Ausstellung The Global Contemporary zu erfahren. Spielen hedonistische Aspekte oder Spannungen aus Sicht der Kuratorinnen in der zeitgenössischen Kunst eine Rolle?

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Tagungsbericht BuKo12 Part06 http://www.buko12.de/2011/10/17/tagungsbericht-buko12-part06/ http://www.buko12.de/2011/10/17/tagungsbericht-buko12-part06/#respond Mon, 17 Oct 2011 12:00:45 +0000 http://www.buko12.de/?p=1185

„Chuck Norris ins Sekretariat bitte!“

Bundeskongress Kunstpädagogik 2012, Part06 – Kunst und aktuelle Medienkultur in der Schule

Die kunstpädagogische Nachwuchsförderung und der Stellenwert zeitgenössischer Kunst und Medienkultur im Kunstunterricht standen im Fokus des sechsten Teils von BuKo12, der am 30.9. und 1.10.2011 in Dresden stattfand und von Jun.-Prof. Dr. Sara Burkhardt (TU Dresden) und Prof. Dr. Torsten Meyer (Köln) organisiert wurde. Als eine von insgesamt acht dezentralen Plattformen im Vorfeld der Abschlussveranstaltung Ende 2012 war auch Part06 als eigenständige Fachtagung konzipiert und institutionell am Kunsthaus Dresden sowie am Institut für Kunst- und Musikwissenschaft der TU Dresden verankert.

„Wie viel Kunst braucht die Kunstpädagogik?“ fragte Part01, mit dem BuKo12 im November 2010 im Kunstverein Frankfurt auftaktete. Part06 führte die Frage weiter: „Welche Kunst braucht die Kunstpädagogik?“ und antwortet: „Die aktuelle!“ Vor dem Hintergrund der prinzipiellen Debatte, wie Schüler Bild- und Medienkompetenzen erlangen – Bildung durch Bilder oder Bildung durch Kunst? – ist dies also ein klares Plädoyer für einen Kunstunterricht, der sich an zeitgenössischer Kunst orientiert und seine Inhalte, Methoden und Zielsetzungen von der Kunst her entwickelt und begründet.

Leitfaden der Diskussionen um das Selbstverständnis des Faches und das Bildungspotenzial zeitgenössischer Kunst und Medienkultur war in Dresden die Reflexion des bundesweiten Stipendien-Programms „kiss – Kultur in Schule und Studium“. 2007 konnte dieses neu konzipiert und unter der Regie des BDK, gemeinsam mit der Siemens Stiftung sowie gefördert durch die Robert Bosch Stiftung , für weitere drei Jahre fortgesetzt werden. In der Folge erarbeiteten von 2008 bis 2010 jährlich fünf Lehramtsstudierende der Kunstpädagogik in Kooperation mit internationalen Künstlern Unterrichtsprojekte zum Thema „Kunst und aktuelle Medienkultur“. Das fruchtbare Zusammenspiel von Künstlern, Stipendiaten, Schülern und Lehrern in und außerhalb von Schulen und Museen lobte Martin Klinkner, stellvertretender Vorsitzender des BDK, in seinem Grußwort für die Tagung ausdrücklich und sprach vom qualitativ hochwertigen Beitrag jenseits luxurierender „Leuchtturm“-Projekte. Gleichzeitig verlieh er dem Wunsch einer breiteren Umsetzung entsprechender Projekte Ausdruck, die den – nach wie vor prekären – institutionellen Status der Kunstpädagogik stärke und ihr öffentliche Wertschätzung zuteil werden lasse. Dies ist eine Voraussetzung für die notwendige politische Handlungsfähigkeit und Legitimation des Faches.

Den anschließenden Hauptvortrag in der Dreikönigskirche hielt Gila Kolb, Promotionskolleg „Gestalten und Erkennen. Kompetenzbildung in den künstlerischen Fächern und Fachbereichen der Schule“, LMU München und FAU Nürnberg/Erlangen und ehemalige kiss-Stipendiatin (2005). Sie stellte das Potenzial der Zeitgenossenschaft aktueller Kunst für den Kunstunterricht in den Mittelpunkt und skizzierte die Werk-, Themen- und Methodenauswahl als paradigmatisch für den heutigen Kunstunterricht, was sie eingangs mit dem Video „7 bis 10 Millionen“ des Künstlers Stefan Panhans prägnant visualisierte. Ein junger Mann spricht in bis zum Anschlag erhöhter Geschwindigkeit über den Horror der Auswahl beim Kauf eines technischen Gerätes, hin- und her gerissen zwischen Mogelpackung, Gebrauchszubehör, Schnittstellentechnik und Billignachbau, um zu schlussfolgern: „… das wichtigste wäre eventuell mal wieder das, was du eben nicht weißt“.

In Analogie zum Video zeigte Kolb, wie sich die Auswahl innerhalb der Gegenwartskunst für den Unterricht als sehr viel komplexer als bei kanonisierten Werken der Kunstgeschichte gestalte, da diese ohne historischen Abstand noch keine „gedanklich zu vollziehende Totalität“ darstellt. In ihrer Zeitgenossenschaft jedoch liege die Potenzialität der aktuellen Kunst für den Unterricht. Einerseits ermögliche Zeitgenossenschaft einen Anschluss an das aktuelle Lebensumfeld der Schülerinnen und Schüler, sie sei gleichzeitig aber auch geschichts- und voraussetzungsvoll, da an ihr immer auch eine Bildtradition zu entwickeln möglich sei. Darüber hinaus avisiere die Zeitgenossenschaft auch das Zukünftige, das Unbekannte und Unartikulierte, indem sie Überforderung, Experiment, Unverständnis, Widerspruch und Scheitern ermögliche. Das Spannungsverhältnis zwischen Zulassen und Aushalten, Wissen und Noch-nicht-Gewußtem, so Kolb abschließend, könne Schülerinnen und Schülern eigene Handlungs- und Erfahrungsräume öffnen.

Wie wird Wissen produziert? Welches Potenzial birgt Nichtwissen? Dies waren auch Leitfragen der von Petra Reichensperger unter Assistenz von Ulrike Jordan kuratierten Ausstellung „is that true? possibilities of (non-)knowledge”, die im Zusammenhang mit der Tagung im Kunsthaus Dresden stattfand. Sie zeigte vom 8. Juli bis 2. Oktober 2011 Arbeiten von Com&Com, Bjørn Melhus, Peter Piller, Jeanne Faust, Jonathan Monk, Michael Sailstorfer, Eran Schaerf, Jakob Kolding und Katarina Zdjelar, die neben anderen an kiss beteiligt waren. Dass die Veranstalter die Tagung neben der Universität auch an der städtischen Galerie verortet haben, schlägt die Brücke zwischen unterschiedlichen Orten der Wissensproduktion und -vermittlung ganz im Sinne eines institutionsübergreifenden kunstpädagogischen Diskurses. Indem nicht nur künstlerische Positionen gezeigt, sondern in einem Vermittlungsraum die kiss-Projekte dokumentiert wurden, konnte die Verbindung zur Kunstpädagogik hergestellt werden.

Der zweite Tag der Tagung bot dynamisches Zirkulieren von Wissen und Erfahrung. Er wurde von sieben Workshops strukturiert, die der Präsentation und Reflexion der einzelnen kiss-Projekte dienten. Die ehemaligen Stipendiaten fächerten das Methodenspektrum, die Lernprozesse und Arbeitsergebnisse der Projekte auf und untersuchten gemeinsam mit den teilnehmenden Kunstlehrern deren Praktikabilität und Unterrichtsnähe. Der Fokus lag auf den Möglichkeiten eines Kunstunterrichts, der von einem veränderten Bildverständnis ausgeht und kommunikative und kollaborative Arbeits- und Produktionsprozesse initiiert. Hier folgte die Dresdner Tagung lebendig dem formulierten Anspruch von BuKo12, eine partizipatorische und plural orientierte Kongressform zu sein.

Workshop 1: processing. recycling und kunstunterricht 2.0

Überforderung, Hacking und Recycling waren die drei zentralen Strategien, die Robert Hausmann und Matthias Laabs in ihrem Workshop als Anreiz für Schüler zu selbstbewusster Medienkompetenz und eigenständiger Produktivität veranschaulichten. Im beispielhaften Einsatz von Social Media wie Blog oder Twitter forderten sie zu einem Spiel mit kulturellen Daten und Codes im realen und virtuellen Raum auf. Zunächst wurde den Workshopteilnehmern ein didaktisches Setting zur Ideenentwicklung für Wahrnehmungsverschiebungen an die Hand gegeben: „Stellt euch vor, die Erdanziehung ginge von der Wand anstatt vom Boden aus“, oder „Wie kann man den Raum ohne Lineal vermessen?“ Didaktische Multiplikation statt Vereinfachung durch eine Fülle an Übungen, Bildern, Materialien, die in einzelnen Schritten bearbeitet wurden, dazwischen wieder Perspektivwechsel und Umdeutung: „Kamera ans Knie binden und damit durch die Gegend laufen!“ Anschließend wurde vom Vorgehen beim kiss-Projekt berichtet und wie die im Netz recherchierten Definitionen zu vorgegebenen Begrifflichkeiten täglich im Blog gepostet wurden, was wiederum Fremdkommentare und Tweets anderer nach sich zog. Schlagartig wurde das Potenzial des Blogs deutlich: Definitionen und Zuschreibungen sind nicht mehr Produkt eines Autors, sondern werden kollaborativ erstellt – und dies ist ein unendlich fortsetzbarer Prozess.

Eine gelungene Generierung von Ideen entstand durch die Übersetzung der digitalen „blue ball machine“ in den analogen Kontext. Aufgabenstellung hierfür war: Schüler suchen sich einen „Ball“ im realen öffentlichen Raum, der ein System durchläuft oder selbst durchlaufen wird. Eine Schülergruppe wählte daraufhin den Bahnhof als infrastrukturellen Knotenpunkt. Von diesem ausgehend entstand die Beobachtung, dass viele Menschen im Straßenverkehr sich ekeln, die gelben Ampeldrücker zu bedienen, woraufhin ein Ampeldrückerputzplansystem erstellt wurde. „Wir gingen durch die Stadt, kartierten die Ampeln und machten einen Putzplan: Hier waren wir um 9 Uhr, hier um 12 Uhr und haben das mit Video dokumentiert“. Eine kleine präzise Intervention, die veranschaulicht, wie man sich in ein System einschleust, es erkundet und decodiert und anschließend eine bewusste Desorientierung oder Neuorientierung einbaut. An vielen Beispielen dieser Art konnten die Workshopleiter zeigen, wie Zweckentfremdung und Umwertungen eingesetzt werden können, mit dem Ziel neue Lesarten des Gewohnten zu erreichen.

Workshop 2: „Stadt im Ohr“ – Hören in der Kunst

Der Unterschied zwischen auditiver und visueller Auseinandersetzung, zwischen Hören und Sehen ist gar nicht so groß wie anfangs vermutet, lautet das Resümee einer Teilnehmerin am zweiten Workshops „Stadt im Ohr“ von Konstanze Schütze und Isabel Eisfeld. Zur Erforschung der akustischen Umgebung haben die beiden Workshopleiterinnen einen „gigantisch großen Methodenpool mit vielen klugen Fragestellungen“ bereitgestellt, mit dem man sich im Unterricht der Welt schrittweise auditiv nähern und selbst Audiobilder erzeugen kann. Beispielhaft dafür stand z.B. die Frage: „Wie klingt Kartoffelbrei?“

Nicht alle Informationen des Alltags werden visuell weitergegeben. Allerdings stellt man sich der Vielfalt umgebender Geräusche wesentlich seltener interpretierend als der Bilderflut. Wie also entwickelt man eine auditive Idee von Kartoffelbrei? Wie kann das Empfinden, das an Kartoffelbrei geknüpft ist, auditiv übersetzt werden, etwa vom Herstellungsprozess bis zum Fallenlassen auf einen Untergrund. Was gibt sein Wesen wieder, in welchem Verhältnis steht man selbst zum Kartoffelbrei, usw.?

Nach der Schärfung des Gehörs durch die Sensibilisierung für Klänge im Stadtraum wurden Aufgabenstellungen erteilt: Geräusche der Umgebung notieren, anschließend kategorisieren. Was hört man öfter, was weniger oft, was nur einmal, was hat einen Rhythmus, was überlagert sich? Dies führte zur komplexen Beschreibung einer klanglichen Situation und der Untersuchung, welche inneren Bilder dabei evoziert werden. Anhand verschiedener künstlerischer Strategien, wie der Dekonstruktion und Neuzusammenführung, wurde dann der eigene spielerische Umgang mit auditivem Material erprobt, um gemeinsam eine Hörcollage zu produzieren, die sich aus einzelnen, in Kleingruppen erarbeiteten Teilstücken zusammensetzt.

Workshop 3: „Space Invaders“ – Alltagsräume wahrnehmen, erforschen und neu gestalten

Raum ist nicht nur gestaltet, sondern auch zu gestalten. Weg vom passiven Wahrnehmen eines Raumes als vorgegeben, hin zur aktiven Aneignung durch Gestaltung und Veränderung – dazu forderte Tabea Kießling ihre Teilnehmer im dritten Workshop auf. Wie kann man den je eigenen „Space“ eines Raumes erfahrbar machen, wie lassen sich eigene Handlungs- und Freiräume erobern? Diesen Fragen auf der Spur, wurden zunächst anhand unterschiedlicher Erkundungsstrategien die faktischen und atmosphärischen Eigenschaften eines Raumes untersucht und wie diese das individuelle Verhalten beeinflussen. Zur systematisch forschenden Raumerschließung gehören Begehung, fotografische Dokumentation, Mindmapping, Vergleiche, Textbezüge, Brainstorming und Aktionen im Raum.

Im Workshop wurde dies anhand des konkreten Untersuchungsgegenstandes, einem Malatelier im Erdgeschoss des Dresdner Instituts, veranschaulicht und seine Farben, Strukturen, Proportionen, Elemente, Materialien und Oberflächen untersucht. Einhellig stellte sich ein Gefühl von bedrückender Enge ein, erzeugt durch die Anwesenheit von ca. 20 Staffeleien, die wie eine Armeeformation wirkte, jede einzelne bereits eine Persönlichkeit, Kunstwerke für sich. Fazit nach eingehender Erkundung: „Raum nicht praktikabel, und vor allem: Vorhänge weg!“ Die grundlegende Frage – Wie verändert man Raumgrenzen? – schien hier jedoch sehr schwer zu beantworten. Nachdem alle Staffeleien in die Mitte des Raumes verrückt und mit Klebeband umzingelt wurden, wird deutlich: Für den eigenen Space bleiben noch just 50 cm entlang der Raumbegrenzung, eine – wenn auch negative – körperlich sehr klar erfahrbare Raumwirkung.

Workshop 4: „Mach lauter!!!“ – Lauschangriffe und Gehörgangserkundungen

Die Schule als Klangraum ist ein sensibles System, eine seiner größten Herausforderungen ist die Lautstärke: Wer entscheidet, wann und wo wie laut gesprochen werden darf? Tatsächlich spielen Gehör und aufmerksames Hören nicht nur für Schüler, sondern auch für Lehrer eine maßgebende Rolle. Und Grundvoraussetzung für die tägliche Wissensvermittlung ist ein geringer Geräuschpegel. Vor diesem Hintergrund der Klangverteilungen und -regelungen beschäftigte sich der Workshop von Christoph Medicus mit dem Einsatz von Ton als plastischem Gestaltungsmittel. „Allerdings wollte ich nicht eine klassische auf Musik hin gedachte Verwendung, sondern Geräusche assoziativ auf Körper, Objekte und Räume beziehen, nicht auf Rhythmik, Melodie oder Erzählung.“, erläutert Medicus.

Den Einstieg für die Schüler bzw. Workshopteilnehmer wählt er über verschiedene performative Lockerungsübungen, wie etwa sich gemeinsam vorzustellen, ein Geräusch im Raum zu sein, z.B. eine Billardkugel, die auf eine andere trifft. Dieses Geräusch reproduzieren und auf die Gesamtatmosphäre achten! Oder Rücken an Rücken assoziativ zu einem Wort Geräusche zusammen mit einer körperlichen Geste erzeugen, sich z.B. Klänge durch den Raum zuzuwerfen, Ping Pong ohne Ball nur mit Klängen. Daran anschließende Aufgabenstellungen waren: Schule mit dem Gehör erkunden, erforschen, hinterfragen, zeichnen, interpretieren, neu in Szene setzen. Was ist Raumklang, was ist spezifischer Objektklang? Referate von Schülern zu bestimmten Begriffe wurden in erste kleine Klanglandschaften überführt. Außerdem wurde Klang spielerisch auf seine macht- und ordnungspolitischen Implikationen im Schulgebäude untersucht und eingesetzt: Mittels eines Fakenamegenerators entwickelten Schüler eine akustische Intervention für die Pausenhalle. Der Generator, der künstliche Namen erstellt, rief während der Pause als Fakepausendurchsagen nicht existierende Schüler zum Direktor. Die Auflösung kam erst ganz zum Ende, als eine bekannte Figur „Chuck Norris ins Sekretariat!“ gebeten wurde.

Workshop 5: „Raus aus der Schule!“ – Im realen und virtuellen Raum den Alltag kartieren

„Bilder schießen auf denen nicht mehr eindeutig erkennbar ist, worum es eigentlich geht!“, lautete der erste Arbeitsauftrag im fünften Workshop von Julia Ziegenbein, und Ergebnis war dann folglich auch dies: vermeintlich verunfallte Bilder, die man normalerweise wegschmeißen würde oder die sich erst auf den 5. bis 6. Blick erschließen. Hintergrund der Einstiegsübung war die Frage: Welche Bilder entstehen in einem uneindeutigen Bereich wie der Peripherie des Unigeländes, worauf wird man während der Erkundung aufmerksam, was ist seltsam, uneindeutig? Gibt es Rätsel, die man fotografieren kann? Und wenn Nichts ist, dann davon ein Foto machen!

Anschließend wurden alle Fotos, die während der „produktiven Verirrung“ in der Umgebung entstanden, in einen Pool gegeben und von den Workshopteilnehmern – in Gruppen aufgeteilt – nach Kriterien untersucht: Was haben die Bilder gemeinsam, wo sind inhaltliche oder formale Parallelen, wo Schnittstellen zu anderen Bildern, welchen Kategorien sind welche Bilder zuzuordnen? Auf der Grundlage der entstandenen Ordnung wurden Serien und Phänomenologien erstellt und entsprechende Titel gefunden z.B. die Oberkategorie „auf und zu“ oder die Unterkategorie „offene, vergessene Türen“. Diese unkonventionelle Methodik führte zu einem Perspektivwechsel auf die produzierten Bilder, in dem das Zufällige plötzlich eine ungeahnte Systematik hervorbrachte oder die Serie die Verfehltheit im Bild erst so richtig veranschaulichte. Zum Abschluss wurde über die Strategie der „produktiven Verirrung“ als Form des offenen projektorientierten Unterrichts an der Schule reflektiert. Welche Auswirkungen entstehen dabei für die Selbst- und Weltbilder von Schülern und wie verändert sich innerhalb von Lehr- und Lern-Situationen die Rolle des Lehrers, der Schüler und des Werkbegriffes?

Workshop 6: „Du bist in diesem VZ noch nicht angemeldet. Willst du dich jetzt registrieren?“ – Kommunikation. Social Networks. Identitäten.

Eine junge Workshopteilnehmerin stellt sich vor: „Guten Tag, ich bin Manfred Maut, 53 Jahre alt. Ich komme aus Dresden, man hört es mir gar nicht an. LKW-Fahrer bin ich von Beruf und kämpfe gegen das gängige Klischee der Fernfahrer, indem ich so tollen Sport wie Einradfahren betreibe, ich belege darüber hinaus einen Volkshochschulkurs in Philosophie und nehme mich der Seifenblasenkunst an. Woran kann man mich erkennen? Ich trage als Besonderheit eine Narbe über meiner Lippe, die ich bei einem Auffahrunfall im Alter von drei Jahren mit meinem Bobbycar erhielt.“

So liest sich das Resultat einer Übung des 6. Workshops von Theresa Rieß. Anhand der Persönlichkeitsschnipsel aus Portemonnaies wie Kassenzettel, Belege, Strafzettel usw. wurden die Workshopteilnehmer aufgefordert, über die Identität ihrer Besitzer zu spekulieren und ansatzweise das Erfinden und Leben in einer fremden Identität durchzuspielen. Welche Information führt zu welchen Rückschlüssen, welche Identität kann wie rekonstruiert werden, welche Klischees entstehen: „Baumarktrechnung über Orchideendünger – was denkt man: Rentner!“ Auf diese spielerische Weise wurde im Analogen eingeübt und aufgedeckt, was durch die Kurzlebigkeit im Digitalen entweder ganz verborgen bleibt oder zu späten Irritationen führt, da sich Fakes gar nicht oder erst reichlich verzögert auflösen. Der Workshop trainierte Medienkompetenz als tatsächlich körperliche Erfahrung, indem immer wieder von analog zu digital gesprungen und anschauliche analoge Visualisierungen digitaler Prozesse gefunden wurden. Anzufügen bleibt, dass das im Rahmen von kiss durchgeführte Projekt von Rieß  technisch auf sehr hohem Niveau rangierte, weil eigens ein Social Network programmiert werden konnte, was nicht nur mit hohen Kosten, sondern auch mit einem enormen Zeitaufwand verbunden ist.

Workshop 7: „Alles eine Sache der Einstellungsgröße.“ – Darstellungsmittel im künstlerischen Video

Die produktive Ambivalenz des Films als technisches Medium und Mittel der Inszenierung führt ins Zentrum des siebten Workshops von Cathérine Lehnerer. Zunächst stellten sich die Workshopteilnehmer untereinander vor. Auf dieser Grundlage wurden dann Ähnlichkeiten, Überschneidungen und Unterschiede in Bezug auf die individuellen Erzählungen und Inszenierungen der Personen herausdestilliert. Anschließend portraitierten sich die Teilnehmer in zweiminütigen, slapstickartigen Filmsequenzen gegenseitig.

Leitend für die kleinen Filmproduktionen war die Frage: „Was gibt und was nimmt im Lehreralltag Kraft?“ Dazu erproben die Teilnehmer in Übungen die wichtigsten filmtechnischen Mittel, um zu analysieren wie diese jeweils funktionieren und wirken. Mit Licht, Einstellungsgröße, Kamerabewegung, Ton und Schnitt wurden die Handlungen in Szene gesetzt. Dabei ging es um die Wahrnehmung, die man von anderen Menschen hat und welche Wirkungen durch welche filmischen Entscheidungen beim Rezipienten hervorgerufen werden können.

Als grundlegende Erfahrung aus dem kiss-Projekt berichtete Lehnerer, dass die Gedankenleistung „Film als Konstrukt“, die von den Schülern zu erbringen war, sehr anspruchsvoll ist und bereits ein großes Wissen um die Entstehungsbedingungen des Mediums voraussetzt. Zielsetzung war für sie daher, mit den Schülern erfahrungsbetont zu arbeiten und sie in ihrer Selbsttätigkeit anzuregen. Andererseits schilderte sie, dass die Motivation bei Schülern, sobald eine Kamera ausgepackt wird, per se schon groß ist: „Sie hängen sich rein, weil sie wissen, dass das Ergebnis auch andere Schüler sehen oder sogar auf YouTube gestellt werden kann.“ Für den Film, der als Abschluss ihres Projektes entstanden ist, wurden drei Einstellungen auf eine Szene ausgewählt. Die letzte Einstellung und der Zusammenschnitt für den Film führen zur Auflösung und erhellen die Zusammenhänge: Der Beobachter ist selbst Akteur! Sehr gelungen, wie die eigenen Sehgewohnheiten befragt und wesentlich erweitert wurden und Film zwischen Filmwirkung und Wirklichkeitskonstruktion erfahrbar geworden ist.

Fazit

In der Gesamtschau der Projekte zeigte sich eine enorme konzeptionelle und mediale Bandbreite, die kritische Kunst- und Medienrezeption ebenso umfasste, wie eigene gestalterische Experimente und Interventionen. Deutlich wurde, dass eine an Strategien der zeitgenössischen Kunst anknüpfende Kunstpädagogik Bildungspotenzial hat. Sie öffnet Schülern und Lehrern Handlungsräume, in denen individuelle Weltbetrachtung in eigene, analoge und digitale, sicht- und hörbare Prozesse und Produkte überführt werden können. Zwar haben sich alle Stipendiaten mit den Konzepten der jeweiligen kiss-Künstler auseinandergesetzt und sich auf diese bezogen. Bei der Frage jedoch, wie deren künstlerischen Denk- und Handlungsstrategien mit den Schülern resp. Workshopteilnehmern erprobt und weiterentwickelt werden können, gingen die Projekte weit über die bloße Adaption hinaus. Eindrücklich zeigte jeder Workshop wie sich aus künstlerischen Strategien Impulse und neue Perspektiven, komplexe Bezüge und Lernprozesse zu kunstpädagogischen Prinzipien für den Unterricht weiterentwickeln lassen.

Deutlich wurde auch, mit welch hohem Maß an persönlichem Einsatz und Begeisterung die Stipendiaten ihre Konzepte und Methoden erarbeitet und umgesetzt haben und wie entscheidend die jeweiligen Rahmenbedingungen wie Schultyp, Gruppengröße, Raum, Ausstattung, Lernatmosphäre sind. Gleichwohl ist in den leiseren Untertönen zu vernehmen, dass ein so ambitioniertes Stipendienprogramm vor allem mehr Zeit für Vorbereitung, Entwicklung und Umsetzung erfordert hätte. Und so resümiert die Stipendiatin Julia Ziegenbein ihre Haltung:

„Ich gehe an die Schule, aber nur unter der Bedingung, dass ich irgendwo lande, wo ich was verändern kann. Wir erleben gerade, dass in der Kunst schon seit einiger Zeit was passiert … mit dem Werkbegriff, mit dem Autorenbegriff, der Betrachter bekommt eine andere Rolle. Warum nicht auch in der Schule? Gerade da ist es spannend, zeitgenössische Kunst hineinzutragen und Anlässe zu schaffen, auch über Schule nachzudenken und dies rückzubinden auf die Situation, in der man sich befindet.“

Damit wird der Staffelstab eingerollt und nach Erfurt weiter getragen, wo am 11. und 12. November 2011 Part05 stattfinden wird: „Kunstpädagogik im Kontext von Ganztagsbildung und Sozialraumorientierung“. Fortsetzung folgt.

 

Carina Herring

Carina Herring, freie Kuratorin und Autorin Berlin/Marseille, von 2004 – 2010 Projektleiterin der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine, Berlin.
Initiatorin folgender Projekte: COLLABORATION.Vermittlung.Kunst.Verein. Ein Modellprojekt zu zeitgemäßen Formen der Kunstvermittlung an Kunstvereinen, 2008-2010. CROSSKICK – Europäische Kunsthochschulen zu Gast in Deutschen Kunstvereinen. Ein internationales Programm zu künstlerischer Lehre und kuratorischer Praxis mit 13 Kunstvereinen und 30 europäischen Kunsthochschulen, 2006-2009.

 

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Kurzinfo zu Part06 Kunst und aktuelle Medienkultur in der Schule http://www.buko12.de/2011/08/25/kurzinfo-zu-part06-kunst-und-aktuelle-medienkultur-in-der-schule/ http://www.buko12.de/2011/08/25/kurzinfo-zu-part06-kunst-und-aktuelle-medienkultur-in-der-schule/#comments Thu, 25 Aug 2011 12:09:05 +0000 http://www.buko12.de/?p=1089

Wichtige Infos zum Anmeldeverfahren Part06: Für die  Anmeldung zur Fachtagung folgen Sie bitte diesem Link – Anmeldeschluss ist der 22.09. !

Sächsische Lehrerinnen und Lehrer, die einen Fortbildungsnachweis benötigen, müssen sich unbedingt auch beim Sächsischen Bildungsinsitut anmelden! Die Fachtagung wird in Sachsen als Lehrerfortbildung anerkannt. Bitte melden Sie sich bis zum 09.09. beim Sächsischen Bildungsinstitut an! Die Veranstaltung hat die Nummer D03997.  >>> Veranstaltung im Programm des Sächsischen Bildungsinstituts (SBI).

Die Teilnahme an der Fachtagung ist kostenfrei.

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Part06: Jetzt anmelden! http://www.buko12.de/2011/06/26/part06-jetzt-anmelden/ http://www.buko12.de/2011/06/26/part06-jetzt-anmelden/#respond Sun, 26 Jun 2011 07:45:34 +0000 http://www.buko12.de/?p=877

Als Abschluss des Stipendienprogramms „kiss Kultur in Schule und Studium“ wird auf einer Fachtagung im Kunsthaus Dresden und an der TU Dresden der Frage nach dem Stellenwert von aktueller Kunst und Medienkultur im Kunstunterricht nachgegangen. Die Fachtagung dient der Präsentation und Reflexion der Prozesse und Ergebnisse des Programms durch die Beteiligten und zugleich der Fortbildung von Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern. Die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer sollen anschließend als Multiplikatoren wirken, indem sie die vorgestellten Konzepte in ihre Unterrichtspraxen übertragen und Kolleginnen und Kollegen infizieren.
Vom 8. Juli bis 2. Oktober findet im Zusammenhang mit der Fachtagung und “kiss” im Kunsthaus Dresden die Ausstellung “is that true? possibilities of (non-)knowledge” mit am Stipendienprogramm “kiss” beteiligten Künstlerinnen und Künstler statt.
Die Fachtagung wird in Sachsen als Lehrerfortbildung anerkannt. Der Besuch der Ausstellung ist wesentlicher Bestandteil der Fachtagung am ersten Veranstaltungstag. Ein Vortrag und vielfältige Gesprächsmöglichkeiten ergänzen das Programm und ermöglichen einen intensiven Austausch. Am zweiten Tag wird die Auseinandersetzung mit den kunstpädagogischen Prozessen der einzelnen Projekte und ihre Erprobung in Workshops von Stipendiaten ermöglicht.
Anmeldung und weitere Informationen unter http://www.buko12.de/part06/

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