Part03 – BuKo12 http://www.buko12.de Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010 - 2012 Sat, 28 Jan 2017 17:47:28 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.8.1 Buch02: revisit. Kunstpädagogische Handlungsfelder http://www.buko12.de/2012/10/10/buch02-revisit-kunstpadagogische-handlungsfelder/ http://www.buko12.de/2012/10/10/buch02-revisit-kunstpadagogische-handlungsfelder/#respond Wed, 10 Oct 2012 13:52:53 +0000 http://www.buko12.de/?p=2303

Das zweite Buch der Schriftenreihe „Kunst Pädagogik Partizipation“, die den BuKo12 dokumentiert, wird in Kürze erscheinen. Das Buch kann in limitierter Anzahl zum Subskriptionspreis von 9,- € beim Kongress in Dresden erworben werden.

Andreas Brenne / Andrea Sabisch / Ansgar Schnurr (Hrsg.)
revisit. Kunstpädagogische Handlungsfelder #teilhaben #kooperieren #transformieren
Schriftenreihe Kunst Pädagogik Partizipation: Buch 02
München 2012

In diesem Buch werden kunstpädagogische Handlungsfelder unter sich wandelnden Vorzeichen betrachtet. Neue Perspektiven ergeben sich, indem aktuelle Fragen des Faches nach Schul- und Unterrichtsentwicklung, Orientierung im Sozialraum und gesellschaftlich-kultureller Vielfalt auf Formen und Theorien der Partizipation bezogen werden. Teilhabe und Zugehörigkeit erweisen sich gleichermaßen als Anspruch wie als Herausforderung für die gegenwärtige und zukünftige Ausrichtung der Kunstpädagogik.

Worin genau besteht eine Teilnahme, Teilhabe oder Kooperation in Unterricht, Lehrerbildung und in Projekten kultureller Bildung? Wer entscheidet, organisiert und kontrolliert die Regeln der jeweiligen Zugehörigkeit innerhalb und außerhalb der Institutionen? Wie lassen sie sich verändern? In welchem Verhältnis stehen Teilhabe und Chancengleichheit? Gibt es einen Ort, von dem aus man verhandeln kann, wer in einer pluralen, interkulturellen Gesellschaft woran teilhaben soll?

revisit lautet der Titel des zweiten Bandes der Reihe „Kunst Pädagogik Partizipation“, die den Gesamtprozess des Buko12 (Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010-2012) repräsentiert. Er betont das erneute Überdenken und exemplarische Weiterentwickeln kunstpädagogischen Lehrens und Lernens mit dem Fokus auf vier kunstpädagogische Handlungsfeldern: Expeditionen Ästhetische Bildung, Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule, Sozialraumorientierung im Ganztag, Interkultur – Globalität – Diversity.

Info und Bestellung

]]>
http://www.buko12.de/2012/10/10/buch02-revisit-kunstpadagogische-handlungsfelder/feed/ 0
Part03.3 Vorträge http://www.buko12.de/2012/02/27/part03-3-vortrage/ http://www.buko12.de/2012/02/27/part03-3-vortrage/#respond Mon, 27 Feb 2012 20:04:10 +0000 http://www.buko12.de/?p=2022 Die Videodokumentation der Vorträge auf dem Part03.3 – Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule steht online zur Verfügung.

Prof. Dr. Max Fuchs: Partizipation zwischen Politik und Pädagogik

 

Reinigungsgesellschaft: Politiken des Raumes – Strategien und künstlerisches Handeln

 

Prof. Dr. Christina Griebel: Mit/einander in Schule und Hochschule

 

Prof. Mario Urlaß: Teilhaberschaft und Eigenes in künstlerischen Bildungsprozessen

]]>
http://www.buko12.de/2012/02/27/part03-3-vortrage/feed/ 0
Tagungsbericht BuKo12 Part03.3 http://www.buko12.de/2012/02/05/tagungsbericht-buko12-part03-3/ http://www.buko12.de/2012/02/05/tagungsbericht-buko12-part03-3/#respond Sun, 05 Feb 2012 17:50:03 +0000 http://www.buko12.de/?p=1661 Bundeskongress der Kunstpädagogik 2010-12, Part03.3 – Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule

Part03 in der Reihe der BuKo12-Veranstaltungen bestand nicht nur aus einer einzelnen Tagung, er war vielmehr ein Prozess, der sich über acht Monate erstreckte. Begonnen hat dieser Part am 20. Mai 2011 mit einer Auftaktveranstaltung an der Universität Kassel, in der die Diskussion um den Begriff der Partizipation im Kontext der Kunstpädagogik in der Grundschule angestoßen wurde. Ziel war neben der theoretischen Fundierung die Initiierung partizipatorischer Unterrichtsprojekte für die Folgezeit. Bis Ende 2011 wurden bundesweit Unterrichtsversuche durchgeführt und dokumentiert. Durchführende Lehrende in Schule und Hochschule sowie Studierende und Referendar/innen wurden durch einen Call for Projects sowie im Lehr- und Forschungsumfeld der Organisatoren gewonnen. Die Abschlusstagung von Part03 am 27. Januar 2012 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg bot den Raum für eine elaborierte Diskussion des Begriffs „Partizipation“ in Theorie und schulischer Praxis, für die Verknüpfung mit gesellschaftlich relevanter künstlerischer Praxis und besonders für die Präsentation der durchgeführten Projekte. 110 Teilnehmer/innen fanden sich hierfür in Heidelberg ein – für die Spezifik des Themas und die Ausrichtung auf den Grundschulbereich eine beachtliche Teilnehmerzahl.

Partizipation zwischen Politik und Pädagogik

„Partizipation“ als Leitmotiv der Veranstaltungsreihe BuKo12 umfasst gegenwärtig brisante gesellschaftliche Fragen: nach neuen Formen der Kommunikation und aktuellen Forderungen der Pädagogik gemäß einer „Bildung in der Demokratie“. Dass der in letzter Zeit inflationär genutzte Begriff der Partizipation eine lange Tradition im Spannungsfeld zwischen Politik und Pädagogik aufweist, darauf verwies Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender des Deutschen Kulturrates und Direktor der Akademie Remscheid. In seinem einführenden Vortrag in Heidelberg spannte er einen weiten historischen Bogen, von Platon bis zur Gegenwart, und zeigte, wie ein fachfremder Begriff zu einem Kernbegriff der Pädagogik avancierte, seine politisch-juristische Herkunft innerhalb des pädagogischen Diskurses bis heute jedoch Bestand hat. Die Verknüpfung politischer, juristischer und pädagogischer Dimensionen stellt sich dabei nicht nur in dem Sachverhalt dar, dass Platon und Humboldt die Pädagogik in ihren staatstheoretischen Schriften abhandelten. Insbesondere Friedrich Schiller verband denkerisch die künstlerische Tätigkeit mit dem Moment der Freiheit, die zur gesellschaftlichen Emanzipation führen kann. Und letztlich ist es der amerikanische Philosoph und führende Vertreter des Pragmatismus John Dewey, der in seinen Schriften nicht nur die Kontinuität zwischen ästhetischem Bewusstsein und alltäglicher Erfahrung wiederherstellte, sondern sich gesellschaftspolitisch für die Demokratisierung sämtlicher Lebensbereiche einsetzte – und dies in erster Linie für den Bildungsbereich. Mit „Partizipation“ als zentralen Begriff werde hier eine Einheit zwischen Kunsttheorie, Wissenschaft, Politik und Pädagogik gebildet. Diese Denkrichtung bekommt nach Fuchs eine Wendung mit den französischen Soziologen und Philosophen Pierre Bourdieu und Michel Foucault. Die Chancengleichheit in der Gesellschaft wird als Illusion erkannt. Nach Bourdieu zementiere die „unheilige Allianz“ von Kunst und Bildung die Chancenungleichheit. Und partizipatorische Elemente fördern, Foucault folgend, die Verinnerlichung von Machtverhältnissen. Diese Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Anpassungsfunktion und individueller Entwicklung zeichnet verstärkt die aktuelle schultheoretische Diskussion aus. Als prominenter Vertreter gilt der österreichische Pädagogikprofessor Helmut Fend und seine „Neue Theorie der Schule“, in der das Bildungswesen als institutioneller Akteur der Menschenbildung verstanden wird. Fuchs’ Fazit ist elementar und prägnant zugleich: Schule ist immer auch politisch! Es gilt die Spannung des „vergesellschafteten Subjekts“. Die Kunst und ihre ästhetischen Codes sind in diesem Kontext, mit Verweis auf Bourdieu, nicht per se gut. Pädagogen, so Fuchs, haben einen Ethos, der nicht der Kunst, sondern dem Subjekt verpflichtet sei. Eine Schlussfolgerung, die mit Sicherheit kunstpädagogisch kritisch beleuchtet werden dürfte.

Mario Urlaß, Professor im Fach Kunst an der PH Heidelberg und Veranstalter des Part03.3, konkretisierte das Spannungsfeld zwischen der Teilhaberschaft und dem Eigenen für den künstlerischen Bildungsprozess. Im wirtschaftlichen Sektor ist der Teilhaber ein an der Bilanz eines Unternehmens Beteiligter. Dass diese Bilanz auch im Verlustbereich liegen kann, ist die Pointe: Es gibt ein unternehmerisches Risiko. Analog kann Unterricht als Risikounternehmen verstanden werden. Ähnlich einem künstlerischen Prozess ist Unterricht in diesem Fall offen und sein Ausgang unvorhersehbar. „Für dieses Risikounternehmen brauchen wir als Teilhaber zugleich Kapital, in unserem Falle ‚kreatives Kapital’“, resümiert Urlaß. Kapital auf Seiten des Lehrenden ist das Vermögen, künstlerische Prozesse sensibel, achtsam, reflektiert und mit Engagement zu initiieren – auf Seiten der Kinder ist es das Vermögen, Entscheidungen treffen und etwas „Eigenes“ gestalten zu können. Urlaß, der neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer mehrere Jahre an einer Grundschule unterrichtete, zeigte dies anhand eines konkreten Projekts. Am Ende eines Schuljahrs vereinbarte er mit den Kindern einer 3. Klasse, ein Thema gänzlich in ihre Hände zu geben. Sie hatten somit die Schulferien Zeit für Überlegungen und Recherchen. Die Kinder entwickelten ihr Thema nicht nur unabhängig und ohne Rahmenvorgaben, sondern außerhalb des Kontextes Schule. Mit Beginn des Unterrichts öffnete sich der Möglichkeitsraum, individuelle Vorstellungen konkret werden zu lassen. So konnte das Interesse an Schmetterlingen zu einer Schmetterlingsforschung werden, das Lieblingstier für eine Buchproduktion dienen oder die Auseinandersetzung mit Nintendo und einer Mikrowelle zu einer Mikro-Spiele-Welle führen. Die Beispiele belegten, welches Potenzial in einem derartigen partizipatorischen Vorgehen liegt. Ganz im Sinne John Deweys: eine Organisationsform des Lernens, die dem Lernenden Mit- und Selbstbestimmung ermöglicht bei der Wahl der Inhalte und Unterrichtsthemen, der Festlegung der Unterrichtsziele und der Erarbeitung der Probleme.

Partizipatorische Kunst kontra partizipatorische Pädagogik

Dass die Zielsetzung partizipatorischer Pädagogik nicht mit den Ansätzen partizipatorischer Kunst gleichgesetzt werden kann, war Ausgangspunkt der Überlegungen von Christina Griebel, derzeit Professorin für Kunstdidaktik und Ästhetische Erziehung an der UdK Berlin. Partizipatorische Kunst sei in ihrem Wesen auf Rezipientenbeteiligung angelegt und auf der Ebene einer strukturellen Übernahme nur bedingt für das „Partizipationsgeschäft Pädagogik“ geeignet. Diesen Sachverhalt verdeutlichte Griebel anhand mehrerer Beispiele aus Kunst und Schule. Während in der Ausstellung „Almech“ des polnischen Künstlers Paweł Althamer im Deutschen Guggenheim Berlin Kunststoffabgüsse von Gesichtern oder anderen Körperteilen der Angestellten und Besucher erstellt werden, und damit sich die Rezipienten in der Ausstellung abgebildet wiederfinden, sind diese zugleich aus den übrigen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Dagegen gibt es im pädagogischen Bereich seit Langem die Bestrebung, Kinder im Unterricht in Entscheidungen über die Gestaltung der gemeinsamen Zeit und der Räume einzubeziehen. Als vorbildlicher Ort für die kindliche Mitbestimmung wird die Nürtingen-Grundschule in Berlin-Kreuzberg angeführt. Bei Sanierungsmaßnahmen wurden die Kinder gemeinsam mit einem Team aus Architekten und Künstlern bei der Gestaltung der Lernräume einbezogen, sodass innerhalb von fünf Jahren die Schule zu einem völlig neuen und anregenden Lernort umgestaltet werden konnte. Zur Abhilfe gegen die in Gründerzeitgebäuden zu hoch angebrachten Fenster gibt es Podeste und Hochebenen. Stehpulte und Lernbars mit Lernbarhockern, Fußhocker und Dinkelpolster sowie Teppichzonen erlauben ein Lernen in allen körperlichen Positionen. Rückzugszonen und Hängematten erlauben das Erholen und Ausruhen, eine Rutsche dagegen das Toben. Im Ergebnis sehen sich die Kinder, bezogen auf ihre Köpermaße und Wahrnehmungsvorgänge, tatsächlich abgebildet. „In den meisten Ansätzen partizipatorischer Kunst ist so viel Mitsprache schon viel zu viel“, bedenkt Griebel. Demgegenüber plädiert sie für die Teilhabe der Lernenden am sich generierenden Ganzen.

Eine umfassende Teilhabe in der Kunstpraxis präsentierten die Künstler Martin Keil und Henrik Mayer von der REINIGUNGSGESELLSCHAFT. Ziel ihrer Strategien und ihres künstlerischen Handelns ist der Prozess der Erneuerung im Kontext der Gesellschaft. „Wer partizipiert woran?“, kann dabei als Leitfrage verstanden werden. Integrative, interdisziplinäre Ansätze und eine Kunstpraxis, die gesellschaftlich wirken kann, sind die Antwort. Dies wird beispielhaft in dem Projekt „Leitsystem zum Neuen“ sichtbar. Die REINIGUNGSGESELLSCHAFT entwickelte sechs Monate lang gemeinsam mit den 700 Einwohnern der Gemeinde Grambow in Nordwestmecklenburg ein partizipatives Kunstprojekt. Es hatte zur Aufgabe, ein neues Gemeinschaftsbewusstsein und Handlungsperspektiven anzuregen. Basierend auf einer Umfrage über die Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven im ländlichen Raum wurde ein Leitsystem zum Neuen entwickelt. Es besteht aus Verkehrsschildern, deren Piktogramme auf die Aufgaben der Zukunft verweisen. Ausgehend von strukturellen Herausforderungen wie Klimawandel, demographische Entwicklung, Arbeitsplatzperspektiven und Lebenschancen im ländlichen Raum bietet das Leitsystem Orientierungspunkte zum gesellschaftlichen Handeln. Neue Ideen für die Gemeinde wurden in diesem offenen Projekt gesammelt und umgesetzt, um basisdemokratische Strukturen und ein Identitätsbewusstsein, ein Wir-Gefühl, zu stärken: Fahrgemeinschaften wurden gebildet, die Gemeindezeitung „Grambower Bote“ realisiert, altersgerechtes Wohnen diskutiert, die Idee eines Dorfladens verfolgt. Dies alles führt nicht nur zur Repolitisierung des Raums, sondern auch zu einer Resozialisierung der Kunst.

Dass Partizipation nicht nur als erfreulicher, sondern auch als zwanghafter Moment erfahren werden kann, verdeutlichte ein Happening, das der Künstler Wolfgang Sautermeister zusammen mit den Studierenden Andrea Kastel, Susan Häggi und Timo Petersen speziell für diese Tagung entwickelt hat und in den Kellerräumen der Pädagogischen Hochschule stattfand. In „DEMOCRATIC TIME – Ein Heidelberger Happening“ wurden den Tagungsteilnehmern Transparente, Schilder, Luftballons, Konfetti und andere Demonstrationsutensilien mit Anweisungen an die Hand gegeben, bevor sie den Kellerraum betreten konnten. Das Ergebnis war ein lautstarkes, fast einstündiges Ereignis, in dem im Kreis marschiert, gerufen, kundgetan, beaufsichtigt, kontrolliert wurde. Das Wohlsein wie auch das Unwohlsein wurde in diesem partizipativen Moment erlebt, Ausgelassenheit zugleich mit Zwanghaftigkeit am eigenen Leib gespürt. Teilhabe stand hier auf der Kippe zur Pflicht, sodass ein Tagungsteilnehmer sich zu der Devise hinreißen ließ: „Nicht-Partizipation muss als Teil von Partizipation möglich sein!“

Partizipatorische Ansätze in kunstbezogenen Unterrichtsmodellen

Der Nachmittag der Tagung stand ganz im Zeichen der Präsentation und Reflexion von Prozessen und Ergebnissen kunstpädagogischer Praxis. In 13, zum Teil parallel verlaufenden Projektpräsentationen, wurden ausgewählte Konzepte aus dem gesamten Bundesgebiet vorgestellt, in denen partizipatorische Ansätze in kunstbezogenen Unterrichtsmodellen erprobt wurden. Hierbei wurde Partizipation auf unterschiedlichen Ebenen verwirklicht: Auf organisatorischer Ebene wurden institutionelle Grenzen überschritten, differente Zugänge zu ästhetischen Phänomenen ermöglicht, heterogene Produktion entwickelt sowie Kinder an der Unterrichtsplanung beteiligt. Dagegen bezog sich Partizipation als inhaltliche Ausrichtung auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen, die durch künstlerisches Handeln ausgedrückt werden, und lebensweltliche Felder, die mittels unterschiedlicher Medien erkundet und reflektiert werden.

Dem individuellen Heimatbegriff künstlerisch Ausdruck zu verleihen, war Ziel eines Unterrichtsprojekts in der KGS Barbara-Schule in Duisburg-Neumühl. Hierfür befassten sich Kinder einer 4. Klasse mit unterschiedlicher Herkunft nicht nur theoretisch mit dem schwierigen Begriff „Heimat“, sondern bildeten in einem partizipatorischen Teil Gruppen, um gemeinsam im Werksattbereich zu arbeiten. Es entstanden Modelle von Gebäuden, wie eine Moschee, und Landschaften, beispielsweise eine russische Winterlandschaft, oder Collagen aus Malereien und Fotos von Heimatstädten und geliebten Menschen, die zu einem intensiven Austausch zwischen den Schüler/innen anregten.

Einen institutionsübergreifenden Hintergrund haben die Kunstwerkstätten der Pädagogischen Hochschulen Freiburg und Karlsruhe, in denen Grundschul- und Kindergartenkinder von Studierenden betreut werden. Forschungsschwerpunkte thematisieren die Perspektive des Kindes, des Lehrpersonals und der Unterrichts-/Schulentwicklung.

Das Projekt „Vorschau/Rückschau“, ein Kooperationsprojekt der Dr. Weiß-Grundschule und dem Hohenstaufen-Gymnasium in Eberbach, brachte Klassen der Stufe 4 und 6 zusammen. Die Situation des Übergangs zwischen Grundschule und weiterführende Schule gab den Anstoß für einen Perspektivwechsel bei den beteiligten Schüler/innen und Lehrkräften. Während der Erstellung von Architekturmodellen und Trickfilmen wurde nicht nur jahrgangsübergreifendes Lernen praktiziert. Die Schüler/innen des Gymnasiums arbeiteten an Erinnerungs- und Emotionsbildern aus ihrer Grundschulzeit und die Grundschüler gingen in der gestalterischen Arbeit fiktiv mit den Erwartungshaltungen hinsichtlich der weiterführenden Schule um.

Während eines Besuchs der Kunsthalle Fridericianum sammelten Schüler/innen der 6. Klasse mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung Assoziationen zu der Arbeit „WE THE PEOPLE“ des Künstlers Danh Vo. Als Reporter mit Aufnahmegeräten hielten sie ihre eigenen Fragen fest: Trägt die Freiheitsstatue einen Pullover, wenn es kalt ist? Warum darf man Kupfer im Museum nicht anfassen? Ist Kunst immer aus Kupfer? Kann ich auch Kunst machen? Dabei entstand ein Film, der die Reise des Künstlers Danh Vo und die der Freiheitsstatue nachvollzieht. Für die Schüler/innen gesellte sich hierdurch ein aktueller Aspekt in Bezug zum Beziehungsgeflecht von Selbstständigkeit und Partizipation hinzu: die Mobilität.

„Typisch Junge – typisch Mädchen“, ein Unterrichtsthema der Klasse 3 in der Mannabergschule Rauenberg in Wiesloch, ließ die Schüler/innen mit der eigenen – insbesondere ihrer geschlechtlichen – Identität beschäftigen und Vorurteile sowie bestehende Klischees erkennen. Das Folgethema „Typisch – ICH“ führte zu fotografischen Inszenierungen der eigenen Person mit ihrem Lieblingsspielzeug.

Partizipatorische Übergangsräume zwischen Hochschule, Schule und Kunst in der Grundschullehramtsausbildung der Kunstakademie Münster bot das Projekt „Per Schiff nach Recklinghausen? Reisen als ästhetisches Erfahrungsfeld“. Am Beispiel des Projekts wurde das Potenzial einer solchen Kooperation vorgestellt. Zusammen traten Hochschullehrer/innen, Kunstlehrer/innen, Student/innen, Pädagog/innen und 90 Kinder eine gemeinsame Kunstreise an. Mit drei Schulklassen aus altersgemischten Jahrgangsstufen waren sie mehrere Tage auf verschiedenen Wegen zu unterschiedlichen Orten unterwegs. Hieraus entstand der „Reisebegleiter“, ein Mitmachbuch für Kinder.

Das Projekt „Abenteuer Museum – Ein Traum vom Fliegen“ wendet sich an Grundschulen mit einem hohen Anteil an Zuwandererkindern und an Schulen, die Kinder aus schwierigen Bildungsmilieus unterrichten. An den Schnittstellen von Schule, Museen und Ausstellungsorten initiiert es kulturpädagogische Projekte. Innerhalb dieser Projekte haben Student/innen für die Dauer eines Schuljahres ein Patenkind an der Grundschule, mit dem sie einmal pro Woche etwas unternehmen.

Spielzeugästhetik und Spielen als ästhetisch-künstlerische Methode ist Gegenstand eines fächerübergreifenden, partizipatorischen Projekts in den Fächern Kunst, Sachunterricht und Deutsch. In dem in Langen (Hessen) stattfindenden Projekt „Spielbotschaften“ werden Eltern der Klassen 1 und 2, in denen verschiedene Nationalitäten vertreten sind, in die Gestaltung einbezogen. Die Kinder erleben durch die Präsentation von Spielen aus ihren Herkunftsländern einen Ausschnitt der Spielwelten der Eltern.

Das Bezirksamt Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf hatte für die Erwin-von-Witzleben-Grundschule ein Kunst-am-Bau-Projekt ausgelobt, das im Kern partizipativ ausgerichtet sein sollte. Statt eines benutzbaren Hofdesigns bot der Künstler Stephan Kurr an, in partizipativen Workshops und Projektwochen mit allen Beteiligten der Schule – mit den Schüler/innen, Lehrer/innen, Eltern, dem Schulleiter und der Hausmeisterin – Bedürfnisse und Wünsche herauszuarbeiten und daraus gemeinsam mit den Beteiligten einen Entwurf zu entwickeln. Nach einem einjährigen Recherche-, Entwicklungs- und Arbeitsprozess wurden Ende 2011 eine Bühne und ein Labyrinth als neue funktionale und gleichwohl künstlerische Gestaltungselemente des Schulhofes eingeweiht.

„Schlosszauber – ein performatives Spiel mit kulturellen Bildern“ war ein Projekt der Universität Koblenz-Landau. 50 Studierende hatten im Rahmen der Bundesgartenschau 2011 im Koblenzer Schlossgarten ein performatives, ortsspezifisches und offenes Spielangebot für Kinder im Vor- und Grundschulalter geplant und umgesetzt: Picknick der anderen Art, Manufaktur für ungewöhnliche Dinge, historische Tanzwerkstatt und Märchen aus der Box.

Innerhalb eines Tagespraktikums im Fach Kunst der PH Heidelberg an der Heidelberger Landhausschule wurde biologische Recherche und die Erkundung der Welt der Insekten mit künstlerischem Arbeiten verbunden. Im Zentrum des Projekts „Insektopia“ stand der Arbeitsauftrag, dass jede/r Schüler/in ein dreidimensionales Insekt erschaffen sollte, welches anhand spezifischer Insektenmerkmale als ein solches zu erkennen ist.

Im Podcast „Kunst oder was?!“ der Klasse 4 der Gustav-Wiederkehr-Schule Mannheim Sandhofen werden Kunstwerke und Künstler vorgestellt und allgemeine Fragen über Kunst behandelt. Durch die Auswahl des Mediums können die Präsentationen und Ergebnisse an andere Klassen übergeben werden: Schüler/innen erstellen Materialien für Schüler/innen.

Und im Rahmen einer wissenschaftlichen Hausarbeit an der PH Heidelberg wurde ein Modellversuch zum Thema „Partizipatorische intergenerative Projekte“ in einer dritten Grundschulklasse durchgeführt. Gegenstände der Kinder- und Erwachsenenwelt wurden gestalterisch so transformiert, dass diese in der „anderen Welt“ von Nutzen sein würden.

Ende und Ausblick

Mit der Übergabe des BuKo12-Banners an die Veranstalter des nächsten Parts in Nürnberg fand dieser inhaltlich sehr anregende und dichte Tag dank freundlichen und fleißigen studentischen SCOUTS in äußerst gelungener Atmosphäre ein Ende – die intensive Weiterentwicklung einer partizipatorischen Kunstpädagogik in der Grundschule geht hoffentlich weiter!

Autor: Michael Scheibel, www.medien-kunst-bildung.de

 

]]>
http://www.buko12.de/2012/02/05/tagungsbericht-buko12-part03-3/feed/ 0
Projektpräsentationen auf Part03.3 http://www.buko12.de/2012/01/05/projektprasentationen-auf-part03-3/ http://www.buko12.de/2012/01/05/projektprasentationen-auf-part03-3/#respond Thu, 05 Jan 2012 16:59:34 +0000 http://www.buko12.de/?p=1592 Innerhalb des Part03.3 – Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule – wurden über einen Call for Projects 13 Projekte ausgewählt, die in Heidelberg präsentieren werden. Das aktuelle Programm mit den Projektpräsentationen und Abstracts ist online.

]]>
http://www.buko12.de/2012/01/05/projektprasentationen-auf-part03-3/feed/ 0
Part03.3: Jetzt anmelden! Partzipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule http://www.buko12.de/2011/08/14/part03-3-jetzt-anmelden-partzipatorische-kunstpadagogik-in-der-grundschule/ http://www.buko12.de/2011/08/14/part03-3-jetzt-anmelden-partzipatorische-kunstpadagogik-in-der-grundschule/#respond Sun, 14 Aug 2011 09:53:35 +0000 http://www.buko12.de/?p=1058 Nach der Auftaktveranstaltung in Kassel im Mai 2011 (Part03.1) versteht sich die Fachtagung am 27. Januar 2012 in Heidelberg als Präsentationstagung, in deren Rahmen partizipatorische kunstpädagogische Projekte aus dem Grundschulbereich vorgestellt und diskutiert werden.
Das Programm der Tagung sieht am Vormittag Vorträge zu einer elaborierten Diskussion des Begriffs „Partizipation“ in Theorie und schulischer Praxis und die Verknüpfung mit gesellschaftlich relevanter partizipatorischer künstlerischer Praxis vor.
Der Nachmittag steht im Zeichen der Präsentation und Reflexion von Prozessen und Ergebnissen kunstpädagogischer Praxis, die als Part03.2 und zugleich als Erprobung kunstbezogener Unterrichtsmodelle zu begreifen ist.

In diesem Zusammenhang sind engagierte Kunstpädagoginnen und Kunstpädagogen mit einem CALL FOR PROJECTS aufgerufen, bis zum 1.12.2012 eigene Projekte aus dem Grundschulbereich einzureichen, die Partizipation inhaltlich und methodisch würdigen.

Anmeldung und nähere Informationen unter http://www.buko12.de/part03/

]]>
http://www.buko12.de/2011/08/14/part03-3-jetzt-anmelden-partzipatorische-kunstpadagogik-in-der-grundschule/feed/ 0
Tagungsbericht BuKo12 Part03 http://www.buko12.de/2011/06/17/tagungsbericht-buko12-part03/ http://www.buko12.de/2011/06/17/tagungsbericht-buko12-part03/#comments Fri, 17 Jun 2011 14:17:12 +0000 http://www.buko12.de/?p=823 Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule
Auftakt Part 03 in Kassel

Pluralität, Diversität und Heterogenität sind Begriffe, die in der pädagogischen Fachliteratur in den letzten Jahren verstärkt auftreten. Doch inwieweit sind diese neuen Leitbegriffe bereits in der schulischen Praxis angekommen? Große Studien wie die World Vision Kinderstudie zeigen, dass Partizipation im Schulalltag, eine Möglichkeit der unterschiedlichen Schülerleistungen und -interessen gerecht zu werden, nur in wenigen Fällen ermöglicht wird. Deshalb wurde Partizipation in der Grundschule als wesentliches Thema ins Zentrum des dritten Parts des BuKo12 gestellt und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Partizipation in Inhalt und Struktur
Der seit 2003 im zweijährigen Rhythmus stattfindende bundesweite Kongress der Kunstpädagogik wird aktuell in einer neuen Form durchgeführt. Der BuKo12 zeichnet sich durch das Leitbild der Partizipation aus – in inhaltlicher, struktureller sowie personeller Hinsicht. Ziel der Weiterentwicklung der kunstpädagogischen Tagungskultur ist es, der Pluralität der verschiedenen Positionen und Praktiken gerecht zu werden und produktive Kontaktflächen zwischen kunstpädagogisch handelnden Personen, Institutionen und kunstpädagogischer Theorie und Praxis herzustellen.

Die geplante zweijährige Diskursphase (2010-2012) ist insgesamt in neun Parts mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten aufgeteilt, die an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik ausgerichtet werden, jedoch inhaltlich stark vernetzt sind. Den Auftakt des BuKo12 bildete im November 2010 der Part01 im Frankfurter Kunstverein, bei dem namhafte Gäste sich in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wie viel Kunst braucht die Kunstpädagogik?“ äußerten. An dieser konnte sich das Auditorium innerhalb sowie außerhalb des Raumes per Livestream interaktiv via Twitter beteiligen. Der derzeit stattfindende Part02 – „Expeditionen ästhetische Bildung“ ist in fünf einzelne Bildungsexpeditionen aufgeteilt, die zum Ziel haben, eine professionelle Kommunikation und Reflexion von kunstpädagogischer Praxis vor dem Hintergrund der unterschiedlichen institutionellen Kontexte und Perspektiven zu ermöglichen.

PARTizipation 03
Part03 ist als dreiteilige Arbeitstagung konzipiert und wird als Kooperationsprojekt von der Universität Kassel und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg realisiert. Den ersten Teil bildete die Auftaktveranstaltung, die am 20. Mai 2011 im Konzertsaal des Instituts für Musik an der Universität Kassel stattfand. Der Veranstaltungsort weist durch die im fünfjährigen Turnus stattfindende documenta eine besondere Affinität zur zeitgenössischen Kunst und die Auseinandersetzung mit dieser auf. Ziel dieser Tagung war es, in den Workshops Projektideen für einen partizipatorischen Kunstunterricht in der Grundschule zu sammeln. Diese sollen im darauffolgenden zweiten Teil, der als Praxisphase in den Monaten Mai bis Dezember geplant ist, dezentral von den teilnehmenden GrundschullehrerInnen weiterentwickelt und realisiert werden. Dabei soll die Möglichkeit bestehen, die Entwicklung der Projekte auf einer internen Plattform zu dokumentieren, verfolgen und kommentieren zu können. Die Ergebnisse dieser Projekte sollen folglich im dritten Teil, der Präsentationstagung an der pädagogischen Hochschule Heidelberg im Januar 2012, präsentiert und im großen Plenum diskutiert werden.

Im Part03 soll der Zusammenhang von Kunstpädagogik und mittlerer Kindheit im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Dazu nahmen – wie bereits bei den vorausgegangenen Parts – Hochschullehrende, Studienseminarleiter, Referendare, Lehrer sowie Studierende und Interessierte an der Tagung teil, um in diesem Zusammengang kunstpädagogische Themenfelder zu bearbeiten.

Dabei ist Partizipation im dritten Part nicht nur in struktureller und personeller Hinsicht realisiert, sondern war inhaltlicher Schwerpunkt der Tagung. Es stellt sich zunächst einmal die Frage: Was ist Partizipation? Stephan Us, bildender Künstler aus Münster und Gastredner im Part03, fasst zusammen: „Partizipation – Beteiligung, Mitwirkung, Mitbestimmung, Inklusion, Einbeziehung, Teilnahme, Teilhabe… Begriffe, die in der gesellschaftlichen Kommunikation in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ständig fallen. Partizipation ist gerade ziemlich ‚in‘“. Als Beispiele nannte er die Online-Befragungen seiner Tageszeitung zu kommunalen Problematiken oder die Möglichkeit auf Facebook über diverse Themen abstimmen zu können. „Alle können und wollen mitbestimmen, haben die Möglichkeit sich zu beteiligen – auch in der Kunst“, so Stephan Us.

Umdenken: Partizipation ermöglichen
Diese Möglichkeit fehlt leider häufig in den (Grund-)Schulen – auch im Kunstunterricht. Andreas Brenne von der Universität Kassel, Mitglied der Initiativgruppe des BuKo12 und neben Christina Griebel und Mario Urlaß von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Veranstalter des Part03, erläuterte in seiner Einführung dieses Problemfeld. Die fast in jeder Grundschule vorzufindenden schablonenartigen und feinsäuberlich ausgeschnittenen Fensterbilder bezeichnete Brenne als „Exponate einer lebendigen feinmotorischen Übung“ und stellte anschließend die kritische Frage, ob im Kunstunterricht nicht ein bisschen mehr Individualität und persönlicher Kommentar zugelassen und gefördert werden könne. Gerade in einem Unterricht im Kontext einer Disziplin, die par excellence für Offenheit, Freiheit und Kreativität stehe, sei es verwunderlich, dass in dieser Hinsicht so wenig transportiert werde. Wenn man Kinder in ihren Bedürfnissen und Vorstellungen ernstnehmen und Offenheit, Freiheit und Kreativität ermöglichen möchte, müssen Partizipationsmöglichkeiten geschaffen werden.

Brenne betonte darüber hinaus, dass wenn eine partizipatorisch ausgerichtete Kunstpädagogik entwickelt werden soll, die Interessen der Kinder einbezieht, mehrere Ebenen in den Blick genommen werden müssen. Zum einen müsse Unterricht auf eine andere Weise geplant werden. Partizipatorischer Unterricht sei ein offenes System, in dem differente Zugänge ermöglicht werden, woraus wiederum heterogene Produkte entstehen können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Kinder an der Unterrichtsplanung beteiligt werden. Zum anderen beziehe sich die Offenheit des partizipatorischen Unterrichts auch auf eine Hinwendung zu anderen Themenfeldern im Kunstunterricht, sodass die Grundidee, mithilfe künstlerischer Auseinandersetzung gesellschaftlich relevante Handlungsweisen in eine auch für Kinder greifbare Form überführen zu können, realisiert werden kann. Um jedoch eine derartige Didaktik entwickeln zu können, müsse eine Vernetzung aller an der Grundschullehrerausbildung beteiligten Institutionen stattfinden, wobei das derzeitige Konzept des BuKo12 bereits als ein erster Schritt in diese Richtung gesehen werden kann.

Drei Seiten der Partizipation
Um einen tieferen Einblick in das Thema Partizipation über den Kunstunterricht hinaus zu ermöglichen, trugen am Vormittag der Tagung drei Gäste wissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Erfahrungen zu diesem Thema vor.

Dazu gehörte Anne Sliwka (Pädagogische Hochschule Heidelberg), Erziehungswissenschaftlerin mit dem Forschungsschwerpunkt Schulentwicklung, die das Thema Partizipation aus der erziehungswissenschaftlichen Perspektive beleuchtete. Durch ihren langjährigen Auslandsaufenthalt in Kanada konnte sie zahlreiche Erfahrungen in einem Schulsystem sammeln, das sich in vielerlei Hinsicht vom deutschen unterscheidet. Sliwka legte in ihrem Vortrag dar, inwieweit das deutsche Schulsystem seine Paradigmen ändern muss, um eine neue Lernkultur hin zur Partizipation zu ermöglichen.

Das deutsche Schulsystem war lange Zeit durch das Paradigma der Homogenität der Lerngruppe geprägt – und sei es in den meisten Fällen immer noch. Das von vor zweihundert Jahren von dem ersten Pädagogikprofessor Ernst Trapp aufgestellte Leitbild, der Unterricht müsse sich an den Mittelköpfen ausrichten, verfolge uns bis heute. Lernende werden als vergleichbar betrachtet und es erfolge nur selten eine explizite Anerkennung von Leistungen. Seit den letzten fünf Jahren sei jedoch in der Fachliteratur ein Paradigmenwechsel hin zum Paradigma der Heterogenität zu erkennen. Lerner werden in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen und es werden dementsprechende Modifikationen vorgenommen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Die Unterschiedlichkeit werde dabei als Herausforderung, teilweise sogar als Problem gesehen, wohinter das Bild der Integration stecke. Ihrer Ansicht nach ist das kanadische Schulsystem dem deutschen einen Schritt voraus: Sie agieren nach dem Leitbild der Diversität. Schüler werden ebenfalls als unterschiedlich wahrgenommen, jedoch werde dort die Unterschiedlichkeit als Bereicherung und als Ressource für individuelle Entwicklung gesehen.

Zudem dominiere im deutschen Schulsystem bei der Leistungsbewertung immer noch die soziale Bezugsnorm (Vergleich der Leistungen des Schülers mit der Leistung der anderen Schüler) gegenüber der kriterialen (Vergleich der Leistung mit Lernziel/Kompetenzstandards) und der individuellen Bezugsnorm (Vergleich der Leistung mit früherer Leistung des Schülers). International habe ein Paradigmenwechsel vom Assessment OF Learning, also einer Bewertung des Lernergebnis als Selbstzweck der Schule vor dem Hintergrund ihrer vielfältigen Funktionen, hin zu einem Assessment FOR Learning, in dem die Rückmeldung als Zweck des Lernens gesehen wird, stattgefunden. Auch wenn die internationalen Erfahrungen zeigten, dass im Assessment For Learning wesentlich bessere Leistungen erzielt werden, sei dieses Paradigma in der deutschen Lehr-Lern-Forschung nur partiell angekommen.

Darüber hinaus müsse sich das deutsche Schulsystem aus der Tradition des hierarchischen Leistungsverständnisses lösen und einem pluralistischen zuwenden, wenn es dem Trend zur Inklusion folgen möchte. „Jedes Kind, jeder Jugendliche kann Leistung erbringen, auch wenn diese Leistung für jeden Menschen anders aussieht“, so Sliwka, und sieht darin besonders positive Folgen für die Gesellschaft: „Die Gesellschaft floriert durch die Unterschiedlichkeit der Leistungen, nicht durch die Gleichheit.“ Sliwka plädiert zudem aufgrund ihrer Erfahrungen in Kanada zu einem kooperativen Lehrerhandeln. Schulen sollten zu sogenannten ‚Professional Learning Communities‘ werden, in denen der Lehrer ebenfalls als Lerner gesehen wird und das Prinzip des gemeinsamen Lernens gilt.

Welche unerwartet hohen Leistungen die Partizipation der Schüler an Unterrichtsinhalten und Unterrichtsmethoden auslösen können, erfuhr sie in einem Projekt, in dem Schüler Bücher schreiben durften. Dabei waren die Schüler thematisch sowie illustrativ freigestellt und konnten so viel schreiben, wie sie wollten. Diese Offenheit löste bei fast allen Schülern eine starke intrinsische Motivation aus, die dazu führte, dass vielfältige und der Schulstufe übersteigende Ergebnisse entstanden. Diese kleinen positiven Erfahrungen sollten uns dazu hinbewegen, Veränderung zuzulassen und Risiken einzugehen, um Neues erreichen zu können.

Einen weiteren Blickwinkel auf das Thema ‚pARTizipation‘ lieferte der bereits genannte bildende Künstler Stephan Us, dessen umfangreichstes Werk das Archiv des Nichts ist. „Eigentlich rede ich nicht, wenn ich Vorträge über das Nichts halte…“ Das Archiv des Nichts enthält mittlerweile rund zweitausend gesammelte Beiträge über das Nichts – Fragen, Ideen, (innere) Bilder seiner Betrachter, die an diesem Projekt teilnehmen möchten. „Kann man nichts denken? Was ist eine Pause?“ sind alles Fragen, die das Motiv des Archiv des Nichts verdeutlichen. An dem weltweit ausgestellten Werk kann jeder Besucher seinen Beitrag leisten, wodurch Us Projekte einen sehr dynamischen Prozessrahmen erhalten. Us Werke leben nur dadurch, dass viele Menschen partizipieren – seine Werke verkörpern Partizipation.
Ein weiterer Gast an diesem Morgen war Bernd Overwien (Universität Kassel), Professor für die Didaktik der politischen Bildung, der die Partizipation von Kindern in der Schule in Bezug auf die Kinderrechte näher erläuterte.

Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist eine internationale Vereinbarung über die Rechte des Kindes, die von allen Staaten außer Somalia und den USA unterzeichnet wurden. Diese beinhalten neben Schutz- und Förderrechten vor allen Dingen auch Beteiligungsrechte, welche das Recht auf die eigene Meinung enthalten. Während man mittlerweile laut der Shell-Jugendstudie von einem Kulturwandel hin zur Partizipation in der Familie sprechen könne, sei die Respektierung und Umsetzung dieses Grundrechts im schulischen Alltag leider fraglich. Häufig existieren Ämter und politische Einrichtungen, wie z.B. die des Klassensprechers oder des Schülerparlaments, die Partizipation nur scheinbar ermöglichen. Auch die Kultusministerkonferenz hebt in ihrer Erklärung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 2006 hervor, dass die Subjektstellung des Kindes in allen Schulstufen zu respektieren sei – was laut Overwien leider nicht der Realität entspricht. Darüber hinaus hält die Kultusministerkonferenz fest: „…, dass die altersgerechte Berücksichtigung des Kindes auf Schutz und Fürsorge sowie auf Partizipation essentiell für die Schulkultur ist.“ Betrachtet man jedoch die Studien zum Thema Mitspracherecht in der Schule, die auf Selbstauskünften der Kinder beruhen (z.B. World Vision Kinderstudie, Kinderpanel des Deutschen Jugendinstituts, LBS-Kinderbarometer), so wird sehr schnell deutlich, dass die von der UN festgelegten Konventionen im schulischen Alltag leider sehr geringe Umsetzung finden. Den möglichen Grund für die mangelnde Umsetzung sieht Overwien im erhöhten Arbeitsaufwand für Erwachsene. Es gebe vielseitige Möglichkeiten und große Spielräume diese auch in der Schule zu realisieren (z.B. Klassenrat, Mitbestimmung im Schulalltag über Regeln, Zeitgestaltung, Essen in der Mensa), jedoch beinhalten diese in der Vorbereitung und Ausarbeitung wesentlich mehr Aufwand als traditionelle Methoden und werden aus diesem Grund leider häufig gemieden.

Partizipation: ja, aber wie?
Um diesen Verhältnissen entgegenzuwirken wurde die Frage wie ein partizipatorischer Kunstunterricht in der Grundschule aussehen könnte am Nachmittag in Workshops zu verschiedenen Themenbereichen konkretisiert: „Interkulturalität“, „Information/Intermedia“ und „Generationen“. Ziel dieser Workshops war es als Initial für den längeren Prozess der Praxisphase zu wirken und erste konkrete Ideen zu Unterrichtsprojekten in der Grundschule festzuhalten, die in der folgenden Phase mit Leben gefüllt werden sollen. Im Themenbereich „Interkulturalität“ sollten Projektideen gesammelt werden, in denen die Idee, dass Kinder im Kontext der Kunstpädagogik Differenzen erfahren und gleichzeitig lernen können mit diesen umzugehen, umgesetzt werden kann. Partizipation soll in diesem Zusammenhang bedeuten, den Blick für unbekannte kulturelle Ausprägungen zu öffnen und sich auszutauschen, um Kultur als gemeinsamen Zwischenraum für das Zusammenleben zu finden. Im Workshop „Information/Intermedia“ sollten Projekte angestoßen werden, bei denen eine produktive Aneignung einer spezifischen Ästhetik der digitalen Informationssysteme im Zentrum steht, wozu auch ein emanzipiertes Verständnis der Produktionsbedingungen gehört. Das Ziel des dritten Workshops mit dem Schwerpunkt „Generation“ war es, Projekte zu initiieren, die den Austausch zwischen Jung und Alt ermöglichen. Im dritten Teil der Tagung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg wird sich zeigen, inwieweit diese Initiatoren gewirkt und im Laufe der Zeit Früchte getragen haben. Besonders interessant wird sein, wie unterschiedlich das Thema Partizipation in seinen zahlreichen Fassetten umgesetzt wurde und welche Schwierigkeiten sich möglicherweise auch ergeben haben. Man darf gespannt sein…

Leonie Krücken

Leonie Krücken, Jg. 1987, Lehramtsstudentin Schwerpunkt Grundschule (8. Semester) mit den Fächern Kunst und Deutsch an der Universität zu Köln

]]>
http://www.buko12.de/2011/06/17/tagungsbericht-buko12-part03/feed/ 5
Video-Dokumentation zu Part03 online http://www.buko12.de/2011/06/16/dokumentation-zu-part03-online/ http://www.buko12.de/2011/06/16/dokumentation-zu-part03-online/#respond Thu, 16 Jun 2011 07:37:43 +0000 http://www.buko12.de/?p=810 Die Videodokumentation zu Part03 „Partizipatorische Kunstpädagogik in der Grundschule“ ist online verfügbar.
[zur Dokumentation]

]]>
http://www.buko12.de/2011/06/16/dokumentation-zu-part03-online/feed/ 0